Beim BIM (Building Information Moedeling) werden alle Daten des Gebäudes und seiner Komponenten hinterlegt.

Beim BIM (Building Information Moedeling) werden alle Daten des Gebäudes und seiner Komponenten hinterlegt. - (Bild: stock.adobe.com/henadz)

Dreidimensionale digitale Modelle sind bunt, faszinieren und stecken voller Fakten. Immer öfter dienen sie Bauunternehmern zur Planung und Ausführung neuer Bauwerke. Zwar arbeiten Bauzeichner schon lange mit CAD-Modellen. Erst durch Building Information Modeling (BIM) wurden diese jedoch mehr als ein digitaler Ersatz für traditionelle Pläne auf Papier. 

"Architekten und Planer, die mit BIM arbeiten, hinterlegen in einem Gebäudemodell alle Bauteile mit einer Fülle von Informationen etwa zu dem Material, aus dem eine Wand besteht, Angaben zum Aufbau einer Decke, oder dazu, wer Fenster und Türen, hergestellt hat", erklärt Gunther Wölfle, Geschäftsführer des BIM-Branchenverbands buildingSMART in Berlin.

"Zugleich wird von Fahrstühlen, über Heizungs- und Lüftungsanlagen bis hin zu Rolltoren die gesamte Gebäudeausrüstung in dem Modell technisch beschrieben und lokalisiert", ergänzt Frank Seither, Business Architect und BIM-Experte bei SAP. "Wird das Modell während der Bauarbeiten kontinuierlich aktualisiert, steht bei Übergabe des Gebäudes ein digitaler Zwilling zur Verfügung, der genau das abbildet, was gebaut wurde", so Wölfle. 

Video: Open BIM Basics

Building Information Modeling im Facility Management

Im Idealfall enthalte das Modell dann auch Gebrauchsanweisungen, Wartungspläne und Daten zur Lebensdauer der verbauten Gebäudetechnik. "Statt Dutzender Ordner voller Pläne und Dokumentationen erhalten Eigentümer und Verwalter bei der Schlüsselübergabe mit einem BIM-Modell also in einer Datei alle relevanten Informationen zu ihrem Bauwerk", fasst Wölfle zusammen. Gebäudeinstandhalter im Facility Management schätzen das. 

Im BIM hinterlegen die Architekten und Planer alle technischen Details des Gebäudes in einer Datei.
Im BIM hinterlegen die Architekten und Planer alle technischen Details des Gebäudes in einer Datei. - (Bild: Pixabay)

Laut einer Umfrage der Unternehmensberatung Bearing Point aus dem Sommer 2019 setzt jeder vierte Instandhalter auf BIM, um Modernisierungs- und Wartungsprozesse zu verbessern und die Kosten dafür zu senken. Diese belaufen sich über die Lebensdauer eines Bauwerks immerhin auf das bis zu 1,2-Fache der Baukosten, hat das auf Gebäudeverwaltung spezialisierte Beratungshaus Rotermund Ingenieure berechnet.

Wer im Facility Management aus dem BIM heraus einen digitalen Zwilling nutzt, spart einen großen Teil dieser Ausgaben. Meldet etwa eine über das Internet der Dinge mit dem Modell vernetzte Heizungs- oder Lüftungspumpe einen Defekt, verbringen Handwerker vor der Reparatur nicht mehr teure Regiestunden damit, das kaputte Gerät im Haus zu finden. Das Modell zeigt ihnen dessen Position.

Unnötige Fahrten entfallen

Die vernetzte Klima- oder Heizungsanlage kann dem Techniker auch anzeigen, ob er für ihre Reparatur eine bestimmte Sicherung oder ein Ventil mitbringen muss. Dadurch entfallen Kosten für unnötige Fahrten. Auch im Bauwerk selbst erleichtern digitale Zwillinge Handwerkern die Arbeit bei Wartung und Instandhaltung. So lässt sich über das grafische Modell ein aus einer Vielzahl von Fotos aufgebautes photogrammetrisches Abbild der Räume legen. Das Modell sieht dann genau so aus wie die echten Räumlichkeiten. Mit Hilfe eines Viewers und eines Tablets finden sich damit auch Personen in dem Bauwerk zurecht, die dieses zum ersten Mal betreten. 

"Sobald sie vor dem kaputten Ventilator oder der defekten Hebeanlage stehen, können Handwerker in einem digitalen Zwilling zudem alle Informationen einsehen, die sie brauchen, um die Inspektion durchzuführen oder die Störung schnell zu beheben", ergänzt Frank Seither von SAP. Vorausgesetzt, der Instandhalter oder Verwalter hat in dem Modell Wartungsinstruktionen, Ersatzteilinformationen oder Ein- und Ausbauanleitungen als Textdokumente, Videos oder dreidimensionale Visualisierungen hinterlegt. 

Building Information Modeling - Baustelle
(Bild: Pixabay)

Der Aufwand für die Erstellung solcher Arbeitshilfen lohnt. Sie sparen Eigentümern bei den Tausenden von Instandhaltungsmaßnahmen, die im Facility Management während der bis zu 80-jährigen Lebensdauer eines durchschnittlichen Industriegebäudes anfallen, viel Zeit und Kosten. Zugleich müssen Verwalter die von den Arbeiten betroffenen Räume und Bereiche im Gebäude weniger lange sperren. Dem Eigentümer bringt dieses somit mehr Rendite im Betrieb

Management von Ausschreibungen erleichtert

Auch bei der Arbeitsvorbereitung sparen Instandhalter mit digitalen Gebäudemodellen Zeit. "Da der digitale Zwilling alle Maße und verbauten Materialien enthält, können Verwalter mit ihm Ausschreibungen selbst für größere Instandhaltungsmaßnahmen ohne zeitraubende Aufmaße und Objektbegehungen erstellen", erläutert Peter Löffler, Head of Innovation and Industry Affairs bei Siemens Smart Infrastructure.

"Im Modell sehen sie außerdem, ob Handwerker für Reparaturen eine Beton- oder Trockenbauwand oder nur eine abgehängte Decke entfernen müssen und welcher Aufwand dafür anfällt – um nur ein Beispiel zu nennen", ergänzt Löffler. 

Der Verwaltungsaufwand für wiederkehrende Arbeiten wie die Wartung der Heizung oder die Überprüfung der Brandmeldeanlagen sinkt ebenfalls. "Instandhalter setzen diese Maßnahmen im digitalen Zwilling einfach auf automatische Wiedervorlage und haben den Kopf für andere Aufgaben frei", erklärt Christian Kreyenschmidt vom Institut für Datenbankorientiertes Konstruieren der Jade-Hochschule Oldenburg.

Zudem bleiben die in einem BIM-basierten 'Digital Twin' gespeicherten Informationen zu einem Gebäude erhalten, wenn der Verwalter, Hausmeister oder die zuständigen Handwerker wechseln. "Geht dieses Wissen verloren, müssen sich die neuen Zuständigen von Null auf mit dem Gebäude vertraut machen. Das ist zeitaufwändig und teuer", weiß Kreyenschmidt. 

Hohe Anforderungen an Aktualität

Diese Kosten verhindert das digitale Abbild jedoch nur, wenn er immer up to date ist. Nur wenn ein Modell kontinuierlich aktualisiert wird, liefert es in seinem gesamten Lebenszyklus zuverlässige Informationen. Um nicht später mühsam Daten in ein Modell nachtragen zu müssen, sollten in dieses zudem schon während der Planung und dem Bau eines Gebäudes so viele für den späteren Betrieb erforderliche Daten eingepflegt werden wie möglich. "Verwalter und Instandhalter müssen Planern und Architekten daher bereits sehr früh erklären, welche Informationen sie brauchen. Nur dann bekommen sie bei der Übergabe des Bauwerks ein Modell, mit dem sie etwas anfangen können", rät Kreyenschmidt.

Das klappt allerdings nur mit einem Architekten, der bereit ist diese Arbeit zu leisten und sie auch von den anderen an der Planung des Gebäudes Beteiligten einfordert. "Das ist nicht immer der Fall", berichtet Peter Löffler von Siemens aus Erfahrung. Da es in der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure keine Leistungsbeschreibungen gibt, nach denen sich die Arbeit mit BIM abrechnen lässt, aktualisieren viele Bauunternehmen Planungsmodelle während des Baus nicht konsequent.

Im LZV auf BIM bestehen

Bevor Instandhalter mit solchen Modellen arbeiten können, müssen sie sie zeit- und kostenaufwändig aktualisieren. "Diesen Mehraufwand sparen sie sich, wenn sie im Leistungsverzeichnis für den Architekten ausdrücklich die Arbeit mit BIM verlangen und genau auflisten, welche Informationen etwa zu Wartungsintervallen oder der Funktion der verbauten technischen Gebäudeausrüstung das Modell enthalten muss", empfiehlt Löffler.

Selbst dann müssen sie den digitalen Zwilling nach Übergabe des Gebäudes zunächst für ihre Zwecke fitmachen. "Denn zum Zeitpunkt der Schlüsselübergabe enthält auch das beste Modell nicht alle für die Instandhaltung wichtigen Daten", berichtet Löffler. So sind beispielsweise Daten zu erst später installierten Elektrogeräten während der Planung und des Baus noch gar nicht bekannt

"Da man diese Angaben aber für die Instandhaltung braucht, muss man den digitalen Zwilling von der ersten Minute des Gebäudebetriebs an um alle neu hinzukommenden Informationen ergänzen", so Löffler. Dazu müssen die von Verwaltern und Instandhaltern genutzten Softwaresysteme Daten aus dem Modell auslesen können, das Architekten und Planer mit ihrer Modellierungssoftware erstellt haben.

"Damit das ohne Informationsverluste funktioniert, sollten die für Bau und Planung des Gebäudes Verantwortlichen ihr Modell im herstellerneutralen offenen Softwarestandard IFC übergeben", rät Christian Kreyenschmidt von der Jade-Hochschule. Offene Datenstandards sind auch deshalb unverzichtbar, weil sich nur mit ihnen auch in 20 oder 30 Jahren noch Informationen aus dem digitalen Zwilling auslesen lassen. Instandhalter brauchen dann nicht zu befürchten, dass ihr Gebäudemodell zum digitalen Spielzeug verkommt, wenn die Software, mit der es geplant und gebaut wurde, nicht mehr auf dem Markt verfügbar ist.

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