Ein Zauderer ist Heinrich Krull ganz sicher nicht. Wenn der Prokurist und Head of Operations beim Sondermaschinenbauer Romaco Kilian in Köln sich für eine Sache entschieden hat, dann wird diese auch durchgezogen. „Entweder man will etwas oder man will es nicht. Und wenn ich etwas will, dann mache ich es auch fertig“, sagt er. Seine Leute müssen sein Tempo mitgehen. „Das finden die nicht immer witzig, aber wenn sie einen Mehrwert sehen, dann sind sie auch dabei.“
So war es auch beim jüngsten Projekt des umtriebigen Managers: der Einführung einer neuen Wartungssoftware. Die Entscheidung für Werkbliq aus den Labors des Maschinenbauriesen DMG Mori fiel dabei recht flott: „Auf der Hausmesse in Pfronten wurde uns eine Testphase angeboten. Die haben uns die zwei Tablets mit einer gewissen Grundkonfiguration geschickt. Diese haben sich über WLAN verbunden, wir haben das eingerichtet, gewisse Daten und Maschinendaten nach Checkliste eintragen und dann ging das los“, sagt Krull. „Wir haben die Software implementiert, ohne dass ein Kollege aus Bielefeld hier war.“
Dass die Einführung der Software so glatt über die Bühne ging, lag auch an der Affinität des hauseigenen Programmieres: „Sie brauchen im Unternehmen einen, der Bock darauf hat und das vorantreibt“, sagt Krull. „Bei uns war das Patrick Dormagen, der bei uns eigentlich die Programme für die CNC-Maschinen schreibt.“
Der Stundenaufwand hielt sich dabei in engen Grenzen: „Kumuliert haben wir bis heute vielleicht 35 Stunden reingesteckt“, sagt Krull. Dabei fiel das Gros des Aufwands zu Beginn der Implementierung an. „Aktuell brauche ich etwa 30 Minuten in der Woche, um das System zu pflegen“, sagt Dormagen
Arbeit mit iPad wird zur Routine
Zu Anfang ging also alles ganz schnell – bis auf die Tablets. „Das waren Samsung-Geräte, die für unsere Zwecke zu langsam waren“, erinnert sich Krull. Schließlich entschied man sich für iPads, die den Anforderungen bei Kilian besser gewachsen waren. „Spezielle ruggedized Tablets oder ähnliches brauchen wir nicht – die iPads haben eine robuste Hülle und fertig“, erklärt Krull. „Das ist deutlich kostengünstiger, selbst wenn mal eines kaputtgehen sollte.“ Eines haben die Pads aber nicht: einen Internetzugang. „Wobei – vielleicht würden die Kollegen es noch besser nutzen, wenn wir Facebook freigeben würden“, sinniert Krull nicht ganz im Ernst.
Die Maschinenbediener holen sich die Tablets am Ausgabeschrank, dann dokumentieren sie ihre Aufgaben. „Die Mitarbeiter geben Maschinenstart, Maschinenstopp, An und Aus an. Das pflegen sie selbst“, sagt Krull. Produktionsfreie Zeit wie Feiertage oder Pausen sind automatisch hinterlegt
Mit dem reinen Softwareprodukt von der Stange war man in Köln nicht befriedigt: „Wir haben das System in Zusammenarbeit mit den Entwicklern ein wenig vergewaltigt“, erklärt Krull. So hat Programmierer Dormagen einiges am ursprünglichen System angedockt – das allermeiste davon mit bereits im System vorhandenen Ressourcen: „Wir haben unter anderem Reinigungspläne für die Maschinen, Spindellaufzeiten, Nullpunktzeichnungen, Handbücher, Maschinendaten, Werkzeugidentlisten und Soll-Ist-Teileangaben hinzugefügt.“ Auch die Overall Equipment Effectiveness (OEE) wird durch das System gemessen.
Die Ideen, die bei Romaco Kilian entwickelt werden, geben Krull und Dormagen an Werkbliq weiter: „In regelmäßigen Abständen kommt ein neues Release. Dann kann man abklären, was man selbst haben möchte – in unserem Fall wird das eine Verbesserung eines erweiterten Maschinenreports sein“, sagt der Prokurist.
Nach der zweimonatigen Testphase ging man bei Kilian daran, das System für die eigenen Zwecke aufzubohren. „Das war nach einem Monat zu rund 80 Prozent fertig“, erinnert sich Krull. „An den 20 Prozent Feintuning sind wir kontinuierlich dran.“
Dabei stellte sich erst nach und nach heraus, welche Möglichkeiten die Software in sich barg. „Aber die Kollegen sind immer offen für unsere Ideen und setzen diese dann nach Möglichkeit auch um.“
Weitere Anbindungen in der Pipeline
„Das A und O dabei sind die Kollegen, die die Maschinen bedienen“, sagt Krull. Zum jetzigen Zeitpunkt arbeiten sieben Kollegen in der Fertigung mit vier Tablets an sechs Maschinen.
Geplant ist, den sogenannten konventionellen Bereich mit Drehmaschinen und –bänken ebenfalls ins System aufzunehmen. „Dann kommen etwa fünf Leute dazu. Schlussendlich werden in der mechanischen Fertigung rund 13 Leute damit arbeiten. Wenn wir das noch in die Montage ausweiten würden, wären es nochmals mehr“, erklärt Krull.
Effektivität gestiegen
Als überraschend wichtige Entwicklung – auch in Sachen Effektivität – stellte sich die Einstellung der Nullpunktzeichnungen in die Software heraus. Vor der Einführung der Software waren die Maschinenbediener mehrmals am Tag zu den in der Werkshalle verteilten Rechnern unterwegs, um sich die aktuell benötigte Nullpunktzeichnungen herauszusuchen und auszudrucken. „Wir arbeiten natürlich mit einem gewissen Stundensatz und wenn der Kollege pro Gang zehn Minuten braucht, kommt hier schnell ein relevanter Betrag zusammen - und das mehrmals am Tag“
Ein weiterer Vorteil der Verfügbarkeit der Nullpunktzeichnungen am Tablet ist, dass der Umgang mit dem Device so für die Mitarbeiter zur Routine wird. „So denken sie daran, auch die anderen Daten für den Maschinenstatus oder den Soll-Ist-Vergleich einzugeben“, ergänzt Programmierer Dormagen. Das kann Werkstattleiter Jens Friemert bestätigen: „Die Leute haben sich an den Umgang mit den Geräten gewöhnt und sie in ihren Arbeitsablauf integriert.“ Natürlich habe es bei dem einen oder anderen Kollegen gewisse Vorbehalte gegen die Einführung gegeben, diese seien in der Zwischenzeit aber bei den meisten Werkern verschwunden. „Oft wären wohl eher Stift und Zettel ein Problem“, scherzt Prokurist Krull.
Mehr Daten zur Verfügung
Die Daten, die nach den Ein- und Umbauten an der Software zur Verfügung stehen, nutzen Friemert, Krull und Kollegen bei ihren regelmäßigen Besprechungen: Fehlteile, Maschinenauslastung, Stillstände, OEE, Planung – vieles von dem, was zuvor mühsam aus diversen Excel-Listen herausklabüsert werden musste, steht heute per Mausklick zur Verfügung.
„Wir sehen hier, wie lange lief die Maschine von DMG Mori, von Hermle oder von Keckeisen, wie lange war sie in Reparatur, wie lange wurde sie gerüstet. So kann ich auch leichter an die Geschäftsleitung berichten“, sagt Krull.
Ähnlich ist es mit den Schichtplänen der Kollegen: „Wir nutzen die Software als schwarzes Brett mit Schichtplänen und Schichtübergabeprotokoll. So erfahren die Kollegen zum Beispiel, an welcher Stelle sie am nächsten Tag wieder anfangen müssen“, sagt Krull. „Das ist deutlich praktischer als ein Zettel an der Maschine oder in der Schublade.“
Reinigungspläne sind im Werkbliq ebenfalls hinterlegt. „Die Mitarbeiter müssen die Reinigung regelmäßig durchführen“, erklärt Krull. „Das überwachen sowohl die Vorgesetzten als auch ich.“ Die Werker müssen vor der Schicht abhaken, ob der Innenraum der Maschine sauber ist, ob der Tisch sauber ist, ob der Arbeitsplatz aufgeräumt ist, die Messmittel und die Werkzeuge am Platz sind und so weiter. „Wenn sie alles erledigt haben, setzen sie das entsprechende Häkchen“, erklärt der Prokurist.
Auch Fertigungsleiter Jens Friemert bekommt am Ende der Woche eine Mail, ob die Arbeiten erledigt wurden. „Wenn nicht, müssen die Kollegen das auch begründen“, sagt er. „Das können sie zum Beispiel über die implementierte Kommentarangabe machen“
Früher wurde die Reinigung mittels T-Karten-System überwacht. „Da mussten sie immer Kärtchen drehen und man konnte nur vor Ort im Vorbeilaufen sehen, sind die Kärtchen grün oder rot“, erinnert sich Krull. „Jetzt ist das einfacher: Ich mache einfach den Rechner auf.“
Auch die Einstellung der Handbücher für die Maschinen erwies sich als effizienzförderlich: „Jetzt muss kein Mitarbeiter mehr nach dem Kollegen suchen, der weiß, wo das betreffende Buch ist – er hat es direkt vor Ort am Mann“, sagt Krull.
Externe Dienstleister werden eingebunden
Die Serviceberichte von externen Wartungstechnikern werden bei Romaco Kilian ebenfalls in Werkbliq abgelegt. „Meist hat man diese Berichte gar nicht mehr wiedergefunden, weil sie in der Versenkung verschwunden sind“, erinnert sich Krull. „Meistens kamen sie dann irgendwo wieder hoch, wenn das Rechnungswesen einen Nachweis zu einem Einsatzbericht oder einer Rechnung angefordert hat und wissen wollte, was der externe Servicemitarbeiter denn überhaupt gemacht hat.“ Inzwischen werden die Berichte direkt eingescannt – so sind die Arbeiten jederzeit voll nachvollziehbar. „Früher hatten sie später keine Ahnung mehr, was der überhaupt gemacht hat.“
Die vielen Änderungen und Erweiterungen waren für Programmierer Dormagen kein Problem – auch weil er in den eigentlichen Code der Software nicht eingreifen musste: „Die von Werkbliq zur Verfügung gestellten Tutorials waren für die Implementierung ausreichend“, sagt er. „Allerdings bin ich sehr affin in dieser Sache – auch privat programmiere ich Apps und designe Webseiten oder ähnliches. Das erleichtert die Arbeit mit der Software natürlich.“
Bei Romaco Kilian betreuen zwei Leute das System: Krull selbst und Dormagen. Einen speziell geschulten IT-Spezialisten brauchte man für die Implementierung nicht. „Das war wichtig für uns als kleiner Mittelständler“, sagt Krull. „So sind keine riesigen Kosten entstanden.“
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Reinigen mit Plan
Künftig sollen auch externe Dienstleistungen wie die Reinigung oder Kühlschmiermittellieferant ans System angebunden werden: „Wenn die Reinigung am Samstag kommt, müssen sie dann per iPad abklicken, was sie erledigt haben. Dann haben wir auch gleich Nachweise. Dazu sollen Anleitungen mit Bildern kommen, was wann wie zu reinigen ist“, erklärt Krull.
Der Lieferant der Kühlschmiermittel soll dann zum Beispiel angeben, ob der pH-Wert gecheckt wurde, eine Sichtkontrolle durchgeführt wurde, wann abgepumpt wurde oder wann eine Neubefüllung erfolgt ist. „Dann kann ich das exakt überprüfen – wenn ich jetzt die Fertigung frage, wann abgepumpt wurde, dann heißt es ‚So vor einer Woche‘“, sagt Krull.
Das eigentlich für Wartungszwecke entwickelte System hat sich bei Romaco Kilian durch die vielen selbst erdachten und zum Teil auch umgesetzten Erweiterungen und Änderungen zum zentralen System für die Fertigung gemausert. „Zum Anfang war das System nicht in Gänze für die Fülle der Aufgaben gedacht“, sagt Projektinitiator Krull.
„Ich wusste, dass es viel kann, aber dass wir das so intensiv nutzen, war nicht klar. Das hat sich so entwickelt.“ Sobald klar war, wie verhältnismäßig aufwandsfrei weitere Funktionen umzusetzen sind, habe man überlegt, ob das System nicht dies oder jenes noch hergibt. „Es geht immer ein Stück weiter“, sagt Krull. Inzwischen gibt es Überlegungen, das System gruppenübergreifend einzuführen.
Inzwischen ist die Nutzung des Systems weit fortgeschritten. „Man muss über den Punkt kommen, an dem die Nutzung Normalität wird. Solange müssen Sie treiben.“, sagt Krull. „Es muss langweilig werden, das System zu benutzen. Denn dann ist es gut organisiert.“ Und natürlich sei man einem solchen System in gewisser Weise ausgeliefert. „Das ist normal – wenn man davor zurückschreckt, kann man ja gar nichts anfangen.“
Außerordentlich gut gelaufen
Ist der Ablauf der Zusammenarbeit mit Romaco Kilian typisch für Kunden aus dem Maschinenbau?
Dr. Tim Busse: "Die Zusammenarbeit hätte tatsächlich nicht besser laufen können. Wenn alle Implementierungsprozesse so reibungslos verlaufen würden, wäre das für uns wirklich ideal. In diesem Fall konnte die gesamte Implementierung ausschließlich per Webinar realisiert werden. Den Feinschliff im Umgang mit der Software hat man sich bei Romaco über Self-Services wie Tutorials und 'Erste-Schritte Touren' selbst angeeignet. Das ist natürlich für alle Beteiligten effizienter, zeitsparender und zudem kostengünstiger für den Kunden.
Der Implementierungsprozess ist jedoch immer abhängig von vielen Variablen im Unternehmen. Gerade dort, wo es an digitalem Know-How mangelt, bedarf es mehr Überzeugungsarbeit und Unterstützung, um ein Projekt erfolgreich zu gestalten. Der Mut „einfach mal anzufangen“ und gemeinsam mit der Software zu wachsen oder alte Wege zu verlassen, war ausschlaggebend für die rasche Implementierung bei Romaco Kilian."
Werden Neuentwicklungen wie die von Romaco Kilian auch anderen Werkbliq-Kunden zur Verfügung stehen?
Busse: "Exakt, das werden sie. Hier ist nochmal ganz klar der große Vorteil von webbasierten Softwarelösungen hervorzuheben. Werkbliq ist ein lebendiges Produkt. Wir nehmen Kundenfeedback auf, prüfen dieses und setzen es anschließend in Werkbliq um. So profitieren alle Teilnehmer von den Neuerungen und Verbesserungen, ganz ohne Neuinstallationen oder Updates."
Inwieweit spielt die Integration von weiteren Zukunftstechnologien bei Ihnen eine Rolle?
Busse: "Wir arbeiten jeden Tag hart daran, technologisch 'State-of-the-art' zu bleiben. Seit einiger Zeit gibt es bei uns zum Beispiel vielversprechende Tests, die Blockchain-Technologie in Teilen bei Werkbliq einzusetzen. Auf Werkbliq steht der sichere Transfer vertraulicher Daten an der Tagesordnung. Idealerweise können die Kunden durch den Einsatz der Blockchain die Maschinenhistorie und den Lebenszyklus ihrer Maschinen fälschungssicher ablegen bzw. an Dienstleister übermitteln. Datenqualität und -sicherheit werden damit nochmal auf ein neues Level gehoben."
Dr. Tim Busse ist Geschäftsführer der Werkbliq GmbH