In immer stärker vernetzten, komplizierten und digitalen Anlagen ist das Asset Management ohne adäquate Software praktisch unmöglich.

In immer stärker vernetzten, komplizierten und digitalen Anlagen ist das Asset Management ohne adäquate Software praktisch unmöglich. - (Bild: Nataliya Hora/stock.adobe.com)

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Ja, es mag sie noch geben – diejenigen unter den Anlagenbetreibern, die ihre Assets durchaus mithilfe von Stift, Papier oder Excel unter Kontrolle behalten können. Doch diese Zeiten neigen sich immer mehr dem Ende zu. In den immer komplizierter und digitaler werdenden Abläufen der modernen Industrie setzen die Verantwortlichen aus Anlagenwirtschaft, Instandhaltung oder Service immer mehr auf EAM-Software (Enterprise Asset Management).

Doch das Angebot ist gelinde gesagt vielfältig – und man will sich ja nicht für teuer Geld ein möglicherweise bereits überholtes System anschaffen. Darum haben wir Experten aus dem EAM-Sektor gefragt, was eine moderne, aktuelle und zukunftssichere Enterprise-Asset-Management-Software denn mitbringen muss.

Antworten auf unsere Fragen liefern Mag. Oliver Hofbauer, CEO von H&H Systems Software GmbH | isproNG CMMS, Andreas Rosemann, Head of Sales & Consulting bei Rodias, und Daniel Neff, Manager Cloud & Innovation Germany / Head of RTI Germany bei der SOA People AG.

Wie wichtig ist EAM heute?

Oliver Hofbauer: "Die Assets eines Unternehmens sind das wichtigste Gut für ein Unternehmen und müssen daher gemanaged werden. Asset-Management-Tools sind daher entscheidend für den Erfolg eines jeden Unternehmens."

Andreas Rosemann: "EAM wird häufig mit Wartungs- und Instandhaltungsmanagement gleichgesetzt. EAM beinhaltet jedoch das Management von Anlagen über den gesamten Lebenszyklus, also vom Entwurf bis zur Stilllegung beziehungsweise dem Ersatz einer Anlage. Ziele sind dabei, eine Anlage bei maximaler Verfügbarkeit mit minimalen Kosten und minimalem Risiko zu betreiben. Durch eng getaktete Produktionsprozesse und stetig steigenden Kostendruck gewinnt das EAM und dabei insbesondere Themen jenseits des Wartungs- und Instandhaltungsmanagements immer mehr an Bedeutung. Nicht zuletzt durch die Digitalisierung ergeben sich mehr Möglichkeiten aber auch deutlich gesteigerte Anforderungen an ein EAM."

Daniel Neff: "EAM ist ein enorm wichtiger Bereich für alle Unternehmen, deren Anlagen den Hauptteil der betrieblichen Wertschöpfungskette ausmachen. Nichts Schlimmeres, als ein unvorhergesehener Ausfall einer wichtigen Produktionslinie, der dafür sorgt, dass ich Kundenaufträge nicht wie vereinbart erfüllen kann. Umso wichtiger ist EAM mit effizienter Instandhaltung."

Was muss ein aktuelles EAM-System heute leisten können?

Hofbauer: "Da wir bei Assets natürlich nicht nur von Anlagen, sondern auch von Mitarbeitern sprechen, muss ein State-of-the-art EAM System auch die wichtigsten Funktionen eines Workforce Management Systems, wie Qualifikationsmatrix, Schicht und Einsatzplanung, beherrschen."

Rosemann: "Ein aktuelles EAM-System muss die heutigen Prozesse für das Management von Anlagen über den gesamten Lebenszyklus unterstützen. Dies beinhaltet sowohl die operativen als auch die strategischen Prozesse. Dabei bedeutet unterstützen nicht, dass ein EAM-System alle dafür erforderlichen Funktionalitäten von Haus aus mitbringen muss. Es muss jedoch die Möglichkeit bieten, entsprechende Drittsystem zu integrieren und Informationen aus diesen Systemen zur Bearbeitung bereitstellen können. Zum Beispiel das Thema ‘Zustandsbasierte Instandhaltung’: ein Sensor liefert im Regelfall viel häufiger Daten, als für die Instandhaltung erforderlich. Hier wäre beispielsweise ein Mittelwert über eine Minute ausreichend. Das EAM-System muss nicht in der Lage sein, im Sekundentakt Sensordaten zu empfangen und diese in einen Mittelwert umzurechnen. Es muss diesen Mittelwert jedoch aufnehmen, ihn mit Grenzwerten vergleichen und die sich gegebenenfalls daraus ergebenden Maßnahmen ableiten und anstoßen können."

Neff: "Angefangen von der Dokumentation der Anlagen und den wichtigsten Informationen über die Planung der Instandhaltung bis hin zur Erfassung der KPIs. Ein gutes EAM unterstützt von Anfang bis Ende. Und darüber hinaus auch beispielsweise bei dem Thema Innovationen - Stichwort IoT - und mögliche Ausfälle schon erkennen bevor sie überhaupt passieren."

Was muss ein Unternehmen bereits ‚können‘, um ein EAM-System einführen zu können?

Hofbauer: "Im Wesentlichen genügt bereits die Erkenntnis des Stellenwerts von Asset Management und eine bereits durchgeführte Quali- und Quantifizierung der Assets."

Rosemann: "Die Funktionalitäten von EAM-Systemen sind sehr umfangreich. In der Praxis ist es daher nicht möglich ist, den kompletten Funktionsumfang in einem Projekt einzuführen. Vielmehr ist eine schrittweise Implementierung erforderlich. Abhängig vom Reifegrad des bisherigen EAM könnte einer der ersten Schritte die Erfassung der relevanten Assets, also der technischen Anlagen in einem Unternehmen sein. In diesem Beispiel müsste das Unternehmen lediglich die für das EAM relevanten Assets identifizieren können. Unabhängig vom Reifegrad des EAM muss ein Unternehmen – gegebenenfalls mithilfe von Beratern – in der Lage sein, eine Zielsetzung beziehungsweise Strategie für das EAM zu definieren. Dies ist die Voraussetzung, um das passende EAM-System und die passenden Funktionalitäten auswählen zu können und darauf aufbauend ein Implementierungsplan zu erstellen."

Neff: "Ein gutes EAM-System gliedert sich nahtlos in das Warenwirtschaftssystem ein. Idealerweise ohne viele Schnittstellen und mit Echtzeitdaten. Für die Planung benötigt man beispielsweise Daten aus verschiedenen Töpfen: Zeitfenster, wann ich Wartungsarbeiten durchführen kann, zeitliche Kapazitäten der Mitarbeiter und deren Qualifikationen, Verfügbarkeit von Werkzeugen, et cetera. Diese Informationen kommen oft aus unterschiedlichen Systemen. Ein einheitliches System, was das ohne oder mit wenig Schnittstellen leisten kann, bietet hier viele Vorteile."

Wo liegen meist die Herausforderungen bei der EAM-Einführung?

Hofbauer: "In der Sensibilisierung der Verantwortlichen für das Thema."

Rosemann: "Die Herausforderungen sind vielschichtig und hängen wesentlich vom Reifegrad des bisherigen EAM sowie den Zielsetzungen für das EAM ab. Grundlegend ist jedoch die Qualität der fachlichen Anforderungen, welche an das EAM-System gestellt werden. Ohne eine klare Zielsetzung wird die Einführung eines EAM-Systems zu keinem zufrieden stellenden Ergebnis führen. Ebenso sollten vor der Einführung die fachlichen Prozesse definiert worden sein. Häufig erfolgt dies erst innerhalb des IT-Projekts. Dies führt regelmäßig zu Problemen, da das kundenseitig bereitgestellte Personal nicht für das damit verbundene Change-Management zuständig ist. Als Drittes sei an dieser Stelle noch die Qualität der Daten erwähnt. Je komplexer die einzuführenden Funktionalitäten sind, desto besser muss im Regelfall auch die Qualität der Daten sein. Häufig wird die Qualität der bisher gesammelten Daten jedoch überschätzt, gerade wenn es um die Einführung von Dingen wie Predictive Maintenance oder Augmented Reality geht."

Neff: "In einer oft stark heterogenen Landschaft. Viele Schnittstellen bedeuten ein Projekt mit hoher Komplexität. Zudem ist eine große Herausforderung bei solchen Projekten immer die zeitliche Verfügbarkeit des Projektteams, was ja meist 'neben' dem Projekt noch das Tagesgeschäft als Aufgabe hat."

Welche Features muss ein "EAM der Zukunft" mitbringen?

Hofbauer: "Jegliche Formen der AutoID Techniken, wie NFC, RFID oder QR Codes sowie GPS Koordinaten, die auch heute schon verfügbar sind. Das Asset muss seine Bedürfnisse klar und transparent selbst äußern, so dass Asset Management zu einer reinen Holschuld wird."

Rosemann: "Ein EAM-System der Zukunft muss alle heutigen EAM-Prozesse integriert abdecken. Als Anwender möchte ich beispielsweise keine Analysen in Excel durchführen müssen, nur weil die dafür erforderlichen Informationen in unterschiedlichen Systemen gehalten werden. In der Vergangenheit lag der Fokus häufig auf der Dokumentation der Tätigkeiten entlang der EAM Prozesse. Ein EAM-System der Zukunft muss aber auch in der Lage sein, den Anwendern Arbeit abnehmen. Das können einfache Dinge wie die Abschaffung von Medienbrüchen durch Digitalisierung sein, zum Beispiel durch die Nutzung von mobilen Geräten anstatt von Auftragspapieren. Aber auch automatische Analysen gehören dazu, wie beispielsweise das Erkennen von immer wiederkehrenden Störungen an unterschiedlichen, aber technisch ähnlichen Komponenten. Für komplexerer Analysen wird in der Zukunft ein Einsatz von künstlicher Intelligenz keine Besonderheit mehr sein."

Neff: "Es sollte einfach möglich sein, andere Systeme oder Services einzubinden. Es muss eine gute Integration in das ERP-System vorhanden sein. Zudem sollten die Innovationsthemen, wie IoT, Machine Learning oder VR unterstützt werden. Zumindest die Möglichkeit, dies einfach anzubinden, sollte vorhanden sein."

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