Aubobauer in der Krise, Maschinenbauer in der Krise, Coronakrise - die aktuelle Lage der Industrie und der Wirtschaft hat es in sich! Aber was sagt die Instandhaltung? Sieht die Branche dunkle Wolken dräuen oder den Silberstreif am Horizont? Wir haben nachgefragt - und entstanden ist unser Branchenspiegel 2020.
Eine gute Nachricht vorweg: Im Allgemeinen beurteilen die Branchenexperten die Lage im Schnitt mit der Schulnote "Gut" - um ganz exakt zu sein, geben sie der Lage (also Konjunktur, Auftragslage und Aussichten) eine 2,25. Ein solides Ergebnis. Allerdings wurden die Fragen VOR dem Lockdown aufgrund der Auswirkungen des Coronavirus gestellt.
Aber welche Themen hat die Instandhaltung für 2020 und die Folgejahre auf dem Radar? Was beschäftigt die Unternehmen? Sind es Trendthemen wie Predictive Maintenance, Künstliche Intelligenz oder Augmented Reality? Oder beschäftigt sich die Branche viel eher mit bodenständigen Problemen wie dem Fachkräftemangel, der Mitarbeiterqualifizierung oder zu steigernder Anlagenverfügbarkeit?
Die Antworten sind wie die Instandhalter selbst: Vielfältig, von Fall zu Fall verschieden - und spannend.
Hier finden Sie in alphabetischer Reihenfolge die Statements zu unserem Instandhaltungs-Branchenspiegel 2020 von:
Welche Schulnote geben Sie der Lage der Gesamtbranche Instandhaltung im Jahr 2020?
Niklas Wiegand: "Eine Zwei bis Drei. 2020 wird in Europa ein durchschnittliches Jahr, was die Anzahl der Turnarounds betrifft. Mittel- bis langfristig werden die Instandhaltungs-Aufträge eher ein wenig zurückgehen. Diesem werden wir aber mit einem ganzheitlichen und integrierten Produktportfolio entgegenwirken."
Welche Themen stehen aktuell auf Ihrer Agenda für die Instandhaltung?
Wiegand: "Wir wollen uns stärker am Markt positionieren, indem wir unsere vorhandene Instandhaltungs-Kompetenz im Unternehmen bündeln und unseren Kunden ein breiteres und integriertes Leistungsspektrum aus einer Hand anbieten."
Welche sind die drei wichtigsten Instandhaltungsthemen für die Zukunft?
Wiegand: "Erstens Reliability Management, da Instandhaltung für uns mehr ist als die bloße Anlagenwartung. Unsere Kunden erwarten eine nachhaltige, umfassende und maximale Verfügbarkeit ihrer Anlagen. Zweitens Digitalisierung, da die Instandhaltungsbranche hier Schrittmacher sein sollte. Drittens Fachkräftemangel, weil es für die Branche die größte Herausforderung ist, qualifizierte Mitarbeiter zu finden."
Was sind die größten Hemmnisse für die Instandhaltung?
Wiegand: "Sicherlich das Thema Fachkräftemangel. Nur mit motivierten und qualifizierten Mitarbeitern können wir unsere Leistungen auch in Zukunft erbringen."
Welche Schulnote geben Sie der Lage der Gesamtbranche Instandhaltung im Jahr 2020?
Torsten Thau: " Eine Zwei."
Welche Themen stehen aktuell auf Ihrer Agenda für die Instandhaltung?
Thau: "Bereitstellung mobiler Apps für Durchführung und Dokumentation von Wartungsarbeiten."
Welche sind die drei wichtigsten Instandhaltungsthemen für die Zukunft?
Thau: "Erstens die Digitalisierung der Instandhaltung: viele Unternehmen arbeiten im Jahr 2020 zu erledigende Aufgaben immer noch mit Zettelwirtschaft, ausgedruckten Emails oder Excel-Listen ab. Letztere sind zwar 'formell' betrachtet digital, entsprechen aber wohl kaum dem Gedanken der Digitalisierung. Mitarbeiter müssen einfache Möglichkeiten haben ihre Arbeitsergebnisse direkt digital zu erfassen und teure und fehleranfällige Übertragungen von handschriftlichen Notizen auf digital verwaltete Vorgänge zu vermeiden.
Zweitens Assetmanagement (aka 'digitaler Zwilling'): Aufbau und Pflege von Asset-Datenbanken die über die kaufmännische Betrachtung hinausgeht. Zusammenhänge und Abhängigkeiten zwischen Ausrüstung und Infrastruktur müssen genauso erfasst werden wie Informationen über Soll- und Ist-Zustände oder Standardvorgaben ('Configuration Baselines'). Diese Angaben sind Voraussetzung für Fernwartung und effizienten Einsatz von Mitarbeitern, zum Beispiel um Leerfahrten zu vermeiden.
Drittens vorausschauende Wartung: 'Vorausschauende Wartung' ist ein weites Feld. Ein erster Schritt jenes, ist die schlichte zeitliche Eintaktung von geplanten Instandhaltungsmaßnahmen auf Grund von periodisch anfallenden Arbeiten. Hat man dieses Thema abgebildet, können Ist-Wert-Erfassungen kritischer Messpunkte und Überschreiten von Schwellwerten an diesen, schon vor Ablauf einer Zeitperiode eine Instandhaltungsmaßnahme auslösen und einen Ausfall vermeiden. Auf den so erhaltenen Datenbestand kann mittels statistischer Methoden und maschinellem Lernen (auch bekannt 'künstliche Intelligenz') dann die Königsdisziplin der 'vorhersagenden' Wartung ('predictive maintenance') etabliert werden."
Was sind die größten Hemmnisse für die Instandhaltung?
Thaus: "Zu zögerliche Akzeptanz der Digitalisierung: es ging bisher immer ohne, warum es jetzt ändern? Wenn andere Anbieter dann mit prompten, effizienten und schnellen Instandhaltungsmaßnahmen eine höhere Kundenzufriedenheit erreichen oder weniger Kosten verursachen ist es mitunter bereits zu spät.
Mangelnde Datenhaltung und -erfassung: mitunter wurde nicht erfasst welche Geräte an welchen Kunden geliefert wurden, ob eine den Garantiebedingungen entsprechende Wartungshistorie besteht oder welche Komponenten und Teile bereits wie oft getauscht wurden.
Fehlendes Vertrauen in Online- oder Cloud-Dienste und mangelnde Kompromissbereitschaft: nicht jeder Anbieter von technischer Ausrüstung oder Wartungsdienstleistungen kann sich auf Dauer den Betrieb einer Eigenlösung leisten. Die Komplettlösungen großer Softwarehersteller sind jedoch häufig nur sehr teuer 'on premise' zu haben. Der Ausweg 'Cloud-Dienste' zu nutzen fordert jedoch sowohl ein gewisses Vertrauen in deren Anbieter als auch die Einsicht, dass 80-Prozent-Lösungen für überschaubare finanzielle Mittel oft mehr als ausreichend sind."
Welche Schulnote geben Sie der Lage der Gesamtbranche Instandhaltung im Jahr 2020?
Yannik Stäbler: "Die Schulnote Zwei. Gerade in wirtschaftlich schweren Zeiten nimmt die Instandhaltung an Bedeutung zu. Es werden zunehmend die bestehenden Maschinen und Anlagen gewartet, instandgehalten anstatt neue Maschinen zu kaufen."
Welche Themen stehen aktuell auf Ihrer Agenda für die Instandhaltung?
Stäbler: "Einführung von Industrieservices, die die Ausfallsicherheit erhöhen und den Aufbau eigener Personalressourcen abfedern. Weiterbildungsmöglichkeiten für die Instandhalter."
Welche sind die drei wichtigsten Instandhaltungsthemen für die Zukunft?
Stäbler: "Datenerfassung und -auswertung (Condition Monitoring) um eine präzise, vorausschauende Wartung (Predictive Maintenance) zu ermöglichen. Retrofit, um auch ältere Maschinen- und Anlagen in eine digitalisierte Umgebung zu integrieren, und das Thema Ersatzteilmanagement."
Was sind die größten Hemmnisse für die Instandhaltung?
Stäbler: "Drohender Fachkräftemangel und fehlender Wissenstransfer von Alt zu Jung. Das Vereinen von mechanischen Kenntnissen und der Steuerung digitaler Prozesse. Hier helfen firmeninterne Maßnahmen wie Wissensmanagement und externe Fortbildungsmaßnahmen wie die neue In.Stand mit praxisorientiertem Fachforum und thematisch gegliederten Guided Tours.
Als Hemmnisse würde ich die zum Teil 'stiefmütterliche' Behandlung der Instandhalter in Unternehmen bezeichnen. Hier muss mehr auf deren Anregungen eingegangen werden und ein echter Dialog stattfinden."
Welche Schulnote geben Sie der Lage der Gesamtbranche Instandhaltung im Jahr 2020?
Hendrik Varelmann: "In einigen Branchen werden wir mit unseren Auftraggebern größeren Herausforderungen begegnen, was die konjunkturelle Lage angeht. Andere Branchen zeigen sich stabil. Insgesamt verorte ich die Gesamtlage im Jahr 2020 im gesunden Mittelfeld: Schulnote 3."
Welche Themen stehen aktuell auf Ihrer Agenda für die Instandhaltung?
Varelmann: "Wir wachsen stetig in der industriellen Instandhaltung und der Industriereinigung und bauen den Piepenbrock Prüfservice weiter aus. Darüber hinaus setzen wir stetig weitere Schritte auf dem Weg zum 'digitalisierten Industrieserviceprozess' um, zum Beispiel konsequent digitalisierte Termin- und Personaleinsatzplanung sowie Leistungsdokumentation."
Welche sind die drei wichtigsten Instandhaltungsthemen für die Zukunft?
Varelmann: "Industrie 4.0 und Smart Maintenance bringen veränderte Anforderungen an Instandhaltungspersonal mit sich. Der demografische Wandel verknappt zudem die Anzahl der verfügbaren Mitarbeiter. Gleichzeitig schreitet die Digitalisierung der Serviceprozesse voran. Als die drei wichtigsten Themen sehen wir daher:
- Personal: Rekruiting, Bindung und fortwährende Qualifizierung
- Know-how: veränderte Anforderungen einer digital vernetzten Produktion
- Digitalisierung der Serviceprozesse: Effizienz steigern und Qualität sichern."
Was sind die größten Hemmnisse für die Instandhaltung?
Varelmann: "Ein verlangsamtes Wachstum in einzelnen Branchen kann dazu führen, dass Instandhaltungsbudgets unter Druck geraten. Es wird harte Arbeit, die Entscheider bei rückläufigem Auslastungsgrad weiterhin von der Wichtigkeit präventiver Maßnahmen zu überzeugen, sodass bei erstarkender Konjunktur mit hoher Anlagenverfügbarkeit produziert werden kann."
Welche Schulnote geben Sie der Lage der Gesamtbranche Instandhaltung im Jahr 2020?
Frank Behrens: "Aufgrund der aktuellen Entwicklungen ist es derzeit sicher nicht ganz einfach, eine Prognose abzugeben. Ich würde mal eine zwei bis drei wagen."
Welche Themen stehen aktuell auf Ihrer Agenda für die Instandhaltung?
Behrens: "Für uns steht im Mittelpunkt, wie wir unser großes Sortiment von mehr als 500.000 Produkten am besten mit den drei unterschiedlichen Ansätzen in Einklang bringen können: störungsbedingter-, planmäßiger- und datenbasierter Instandhaltung. Darum geht RS in diesem Anwendungsfeld weit über das übliche Maß der Produktdarstellung hinaus und präsentiert ein vollständiges Portal mit vielen nützlichen Informationen."
Welche sind die drei wichtigsten Instandhaltungsthemen für die Zukunft?
Behrens: "Das wichtigste Instandhaltungsthema ist sicher die datenbasierte Instandhaltung. Im Zeitalter von Smart Factory erfolgt die Instandhaltung datenbasiert. Mit Hilfe von IoT-Sensoren und durch die Analyse der bereitgestellten Daten lassen sich Ausfälle vorhersagen, bevor sie auftreten. Diese Methode ist dabei, die planmäßige Instandhaltung zu verdrängen. Je nach Komplexität des Sensornetzwerkes kann künstliche Intelligenz die Analyse unterstützen.
Von der Datenbasierten Instandhaltung gibt es eine direkte Verbindung zur vorbeugenden oder Predictive Maintenance. Sie greift aufgrund der vernetzt ermittelten Daten ein, bevor sich ein Wartungsfall ergibt. Dies reduziert langfristig auch die Kosten der Instandhaltung, wobei wir bei dem dritten großen Thema sind: Der noch stärkeren Relevanz der Reduzierung von Kosten."
Was sind die größten Hemmnisse für die Instandhaltung?
Behrens: "Als größtes Hemmnis sehe ich, dass aus traditionellen Gewohnheiten heraus Potenziale zum Reduzieren von Kosten nicht vollständig genutzt werden. Ein Beispiel ist für mich, das Angebot von Eigenmarken nicht zu berücksichtigen. Unsere Eigenmarke RS PRO beispielsweise bietet Produkte, die das gesamte Spektrum der Instandhaltung zu einem erschwinglichen Preis abdecken, ohne dabei auf Qualität und Leistungsfähigkeit zu verzichten."
Welche Schulnote geben Sie der Lage der Gesamtbranche Instandhaltung im Jahr 2020?
Christian Zöhrlaut: "Vor dem Hintergrund, dass die Mehrheit der industriellen Instandhaltungsdienstleister in Deutschland zentrale Indikatoren wie aktuelle und erwartete Auftragslage als gut einstufen, kann die Situation der Geräte- und Ausrüstungsbranche mit einer Zwei bewertet werden."
Welche Themen stehen aktuell auf Ihrer Agenda für die Instandhaltung?
Zöhrlaut: "Ein zentrales Thema in diesem Kontext ist Connectivity. Das heißt, Instandhaltung ist damit kein isolierter Prozess mehr, sondern Teil eines größeren Netzwerks. Denn: Immer mehr Kunden steuern ihre Tools über ERP-Systeme, die über Sensoren Betriebszustände auslesen und in Echtzeit an das Gerätemanagement senden, was Instandhaltungsprozesse spürbar dynamischer macht."
Welche sind die drei wichtigsten Instandhaltungsthemen für die Zukunft?
Zöhrlaut: "Aufgrund der zunehmenden Vernetzung von Instandhaltungssystemen mit der Infrastruktur auf dem Shop Floor, sind Automatisierung, Predictive Maintenance und neue Geschäftsmodelle wie „Geräteverfügbarkeit as a Service“ bestimmenden Zukunftsthemen."
Was sind die größten Hemmnisse für die Instandhaltung?
Zöhrlaut: "Zentrale Herausforderungen in der deutschen Geräte- und Ausrüstungsbranche sind steigender Wettbewerbs- und Kostendruck, da vor allem im Commodity-Bereich, bei Maschinen, die in hoher Stückzahl in der Massenproduktion nachgefragt werden, Marktteilnehmer aus Asien großen Einfluss haben."
Umfrage: Welche Themen brennen Instandhaltern unter den Nägeln?
Es gibt viele Instandhaltungs-Trends. Doch welche Themen treiben Sie wirklich um? Machen Sie mit bei unserer Umfrage und gewinnen Sie vielleicht sogar etwas!
Welche Schulnote geben Sie der Lage der Gesamtbranche Instandhaltung im Jahr 2020?
Christoph Nichter: "Schulnote 2. Die Instandhaltung im industriellen Bereich verändert sich rasant. Alleine im Bereich der E-Mobilität wurden und werden ganze Produktionsanlagen ausgetauscht. Unserer Einschätzung nach wird sich hier der Schwerpunkt von der mechanischen zur elektrotechnischen Instandhaltung verlegen."
Welche Themen stehen aktuell auf Ihrer Agenda für die Instandhaltung?
Nichter: "Spezialisierung der Instandhaltungsleistungen auf die Anforderungen der Zukunft, wie zum Beispiel die Instandhaltung autonom fahrender Transportsysteme, Auswertungstools von Daten zur vorausschauenden Instandhaltung oder die Weiterentwicklung der künstlichen Intelligenz sowie der Genauigkeit der angeschlossenen Sensorik und einer differenzierten Zustandsänderung, um Instandhaltungsmaßnahmen abzuleiten."
Welche sind die drei wichtigsten Instandhaltungsthemen für die Zukunft?
Nichter: "Predictive Maintenance, Reduzierung beziehungsweise Ausschluss von Maschinenausfallzeiten sowie Spezialisierung und Qualifizierung von Fachkräften."
Was sind die größten Hemmnisse für die Instandhaltung?
Nichter: "Der spezialisierte Fachkräftemangel stellt ein großes Hemmnis dar – speziell für 'Predictive Maintenance'. Die hierfür erforderlichen Systeme und Daten müssen qualifiziert analysiert werden können."
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