Eine Rückförderstation für Schneidöl mit der entsprechenden Sensorik. So treten eventuelle Ungereimtheiten mittels Schwingungsmessung frühzeitig zu tage.

Eine Rückförderstation für Schneidöl mit der entsprechenden Sensorik. So treten eventuelle Ungereimtheiten mittels Schwingungsmessung frühzeitig zu tage. - (Bild: Leadec)

Sowohl in Indien als auch in Deutschland warten Leadec-Teams gespannt auf den Ausfall von Pumpen oder Gebläsen. Warum sie nicht eingreifen? Weil alle Maschinen mit Schwingungssensoren ausgestattet wurden und die Daten kontinuierlich analysiert werden. Ihr Ziel: ihren Kunden zu zeigen, wie Schwingungsüberwachung zu vorbeugender Wartung führt.

Der Traum eines jeden Produktionsleiters: Anlagen reparieren oder ersetzen, bevor sie ausfallen. Was man dazu braucht? Sensoren, die Daten aufnehmen, ein Netzwerk, um sie zu sammeln, ein intelligenter Algorithmus, um sie zu analysieren und eine Anzeige, die einfach zu lesen ist.

Schwingungsüberwachung bei rotierenden Geräten

Genau das setzen die Experten von Leadec derzeit um. In Indien haben die Kollegen mit der Online-Schwingungsüberwachung in Lackieranlagen begonnen. "Die ersten Ergebnisse sind vielversprechend. Prinzipiell können die Sensoren bei allen rotierenden Geräten eingesetzt werden, auch bei Gebläsen und EOT-Kränen (Elektro-Laufkränen) haben wir sie schon erfolgreich getestet", erläutert Jitendra Singh, Leiter Business Development Leadec India.

Aktuell arbeiten die Kollegen an einem Proof-of-Concept mit zwei großen Kunden aus den Bereichen Automobil und Wärme- und Kältetechnik. Die Idee ist es, künftig mit Service-Level-Agreement-Verträgen eine bestimmte Gerätezuverlässigkeit zu garantieren. Die Kunden wiederum sehen die gewonnenen Daten als wesentlichen Baustein zur Optimierung ihrer Fertigungsstrategie.

Deshalb fügen die Leadec-Kollegen vor Ort jetzt auch Vibrationssensoren an CNC-Maschinen in der Antriebsstrangwerkstatt sowie an Förderbandmotoren und -manipulatoren am Fließband hinzu. "Mit dieser zunehmenden Anzahl von Installationen lernen wir, welchen Mehrwert wir bieten können und binden solche IoT-Lösungen in unsere Service Level Agreements ein", sagt Jitendra Singh.

Wann fällt die Pumpe aus?

In Deutschland hat Objektleiter Nico Schrickel Schwingungssensoren an Schneidwerkpumpen in einem Komponentenwerk installiert. "Diese Pumpen hatten bisher sieben Ausfälle pro Jahr, meist aufgrund von Verunreinigungen durch harte Partikel", erklärt er die Ausgangslage. Über die Leadec-eigene IoT-Home-Cloud werden die Daten der Sensoren gesammelt und ausgewertet. "Wenn wir den Ausfall der Pumpen vorhersagen können, können wir den Wartungsaufwand für solche Anlagen um 70 Prozent reduzieren. Damit sparen wir Geld für Ersatzteile und erhöhen die Verfügbarkeit der Anlagen, indem wir Ausfallzeiten vermeiden", ergänzt sein Kollege Angelo Urias aus dem Produktmanagement.

Zehn Wochen nach der Installation der Sensoren sind tatsächlich zwei Pumpen ausgefallen. Die gute Nachricht: Einer der Ausfälle war vorhersehbar, weil die Sensoren einen Anstieg der Schwingungen registrierten. Das war auf dem Leadec-Dashboard deutlich zu sehen und hat eine E-Mail-Warnung ausgelöst. "Der zweite Ausfall war ehrlich gesagt ungewöhnlich und unerwartet. Wir sind noch nicht sicher, ob und wie die Sensoren bei einem solchen Problem helfen können", sagt Objektleiter Schrickel.

"Anomalien zu erkennen und dann Warnungen zu versenden ist der erste Schritt. Der zweite ist dann, zu verstehen, warum dies geschieht und ob die Daten zusätzliche Informationen zur eigentlichen Ursache liefern können", sagt Angelo Urias. Dabei sollen Lösungen mit künstlicher Intelligenz (KI) helfen.

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Maschinendaten besser verstehen

Das Grundproblem ist schnell erklärt: Keine Maschine läuft wie die andere, selbst dann nicht, wenn sie identisch sind. In einer idealen Welt arbeiten baugleiche Maschinen identisch, verschleißen synchron und richten sich auch bei ihren Schwingungen nach gewissen Normen. Genauer gesagt nach der ISO 10816, die vorgibt, welche Standardschwellenwerte für Schwingungssensoren gelten sollen. Doch die Realität sieht anders aus: "Solche Schwellenwerte sind zwar ein guter Ausgangspunkt, wenn es um einen Alarm geht. Sie spiegeln aber nicht die realen Sensoranwendungen und Installationen wider, insbesondere wenn mehrere Sensoren an ähnlichen Maschinen überwacht werden", erklärt Andreas Zeller von der Smart Factory Group bei Leadec, die sämtliche Projekte rund um Factory Analytics Services koordiniert.

Sensoren sind sensibel

Das hängt unter anderem mit deren Einbaulage und Ausrichtung zusammen, aber auch ganz anderen Faktoren. So ist beispielsweise der Verschleißzustand der eingesetzten Werkzeuge in Zerspanungsmaschinen mit dafür verantwortlich, ob die Maschine "rund" läuft – oder eben nicht. Das Alter und der Nutzungsgrad des Kühlmittels können eine Rolle spielen oder die Überlagerung von Pick-and-place-Bewegungen auf das individuelle Schwingungssignal. Das überfordert die sensiblen Sensoren, die doch eigentlich nur zuverlässig auf ein Signal reagieren wollen.

Individuelle Nulllinie statt Standard

Wie kann es also gelingen, die richtigen Daten zu filtern? Das Zauberwort: maschinelles Lernen. Dabei geht es darum, dass die IT-Systeme selbst anhand vorhandener Daten bestimmte Muster erkennen und letztlich Lösungen entwickeln. Übertragen auf die Schwingungen von Maschinen bedeutet das, einen Algorithmus zu entwickeln, zu verifizieren und einzusetzen, der in der Lage ist, durch Lerndaten aus den ersten zwei Wochen nach einer Wartung oder Installation der Maschine individuelle Schwellenwerte zu generieren.

Genau diese Aufgabe hat Leadec einem studentischen Team beim diesjährigen Hackathon des International Center for Networked, Adaptive Production (ICNAP) gestellt. Das Ergebnis des Teams TUBOT von der Technischen Universität Berlin: ein Autoencoder. Dieses künstliche neuronale Netz komprimiert die Eingangsdaten zunächst und rekonstruiert sie daraufhin wieder. Dabei entsteht ein Rekonstruktionsfehler, mit Hilfe dessen das Netz trainiert wird.

"Uns hat die Lösung so überzeugt, dass wir eine noch weiter optimierte Variante auch an unseren Installationen umsetzen werden", zeigt sich Andreas Zeller überzeugt. Bei der Leadec-Lösung erzeugt der Algorithmus eine Basislinie, die das individuelle Geräteverhalten beschreibt, die sogenannte Mother-Condition. Nun werden kontinuierlich die aktuellen Sensordaten mit diesem Urzustand verglichen. Kommt es zu Abweichungen innerhalb des definierten Rahmens, wird ein Alarm ausgelöst.

Daten und Services smart verbinden

Immer wenn ein Alarm ausgelöst wird, kann Leadec direkt die Instandhaltungsaktivitäten planen, verfolgen und rückmelden. Der Clou dabei: jeder einzelne Schritt wird über die digitale Plattform Leadec.os in Echtzeit abgebildet. So entsteht eine durchgängige Lösung von Anfang bis Ende. "Mit dieser Integration bauen wir im Laufe der Zeit eine Datenbank über die Anlagen auf, und zwar nicht nur an den einzelnen Standorten, sondern weltweit", erklärt Alexander Schieber aus dem Leadec.os-Team, der die Anbindung programmiert hat. Die Schwingungssensoren sind also nur der Auftakt für weitere Factory Analytics Services und Predictive Maintenance aus dem Hause Leadec.

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