Arbeiter in der Chemischen Industrie

Sicherheit am Arbeitsplatz ist auch ein Thema, das ein Unternehmen zu mehr Nachhaltigkeit führt. (Bild: Ultimo)

Die Katastrophe von Bhopal im Jahr 1984 gilt als einer der größten und verheerendsten Chemieunfälle in der Geschichte. In Folge einer fatalen Kettenreaktion explodierte in der indischen Industrieanlage ein Tank mit Methylisocyanat und große Mengen der giftigen Chemikalie gelangten in die Atmosphäre. Die Zahl der Todesopfer ist bis heute nicht zweifelsfrei geklärt und beläuft sich nach Schätzungen auf eine Zahl zwischen 3.700 und 16.000 Menschen.

Unglücke mit derartigem Ausmaß sind zum Glück äußerst selten. Dennoch gibt es auch heute noch besorgniserregende Vorfälle mit Toten und Verletzten, die durch Explosionen von Lagertanks verursacht werden: In den letzten beiden Jahren beispielsweise durch einen explodierten Tank mit Flüssiglösungsmittel in einer Müllverbrennungsanlage in Deutschland und einen Chemikalientank in einer Kläranlage in England. In den USA, Indonesien und weiteren Ländern gab es ähnliche Unfälle mit Rohöl- und Kraftstofftanks.

Die Beispiele zeigen: Das Management von Aufgaben rund um Gesundheitsschutz, Arbeitsschutz und Umweltmanagement – kurz HSE für Health, Security & Environment – ist außerordentlich wichtig. Gleichzeitig ist das Thema enorm komplex. In der Öl-, Gas- und petrochemischen Industrie sowie in der allgemeinen Chemieindustrie werden eine Vielzahl an Stoffen gelagert und verarbeitet, die explosiv, entflammbar, giftig, umweltschädlich oder auf andere Weise gefährlich sein können. Erschwerend kommt hinzu, dass die entsprechenden Lagereinrichtungen häufig in Verbindung mit mehreren angeschlossenen Anlagen verwaltet und gewartet werden müssen.

Wartungstätigkeiten sind dabei einerseits von entscheidender Bedeutung für die Risikokontrolle. Gleichzeitig setzen sie die damit beauftragten Arbeiterinnen und Arbeiter aber auch Gefahren aus und verursachen selbst weitere Risiken, wenn sie nicht sachgemäß durchgeführt werden. Es ist deshalb wichtig, geltende HSE-Vorschriften wie zum Beispiel die Seveso-III-Richtlinie der EU unbedingt einzuhalten. Viele Unternehmen haben über die gesetzlichen Mindestanforderungen hinausgehende Standards implementiert, um Unfälle zu vermeiden und damit auch wirtschaftliche Folgen wie Reparatur-, Aufräum- und Entschädigungskosten zu umgehen – ganz abgesehen von Produktivitätsverlust, Geldbußen und dem Schaden für die Reputation des Unternehmens.

Die Komplexität beherrschbar machen

An dieser Stelle kommen EAM-Systeme ins Spiel: Sie helfen, die Komplexität beherrschbar zu machen und den Überblick zu behalten. Anstelle getrennter Systeme für Informationen rund um die Anlagen eines Betriebs, für Wartungsaufgaben und für die damit verbundenen HSE-Prozesse führt eine cloudbasierte EAM-Plattform alle Daten und Informationen an einem Ort zusammen. HSE- und Anlagenmanagement werden vollständig integriert und miteinander verknüpft. Der Status aller Assets kann so in Echtzeit angezeigt und überwacht werden. Die Digitalisierung und Integration der Prozesse hilft, Dopplungen zu vermeiden, Aufwand zu reduzieren und die Effizienz zu steigern. Im Ergebnis entsteht so ein klares Bild zum Zustand der Anlage.

Arbeitsgenehmigungen und Lockout-Tagout

Risikoanalyse Wartungsarbeiten
Übersichtsplan einer aktiven Arbeitsgenehmigung. (Bild: Ultimo)

Entscheidend ist, dass führende EAM-Systeme Prozesse und Verfahrensanweisungen zum Arbeits- und Gesundheitsschutz nicht nur festlegen, sondern auch deren Umsetzung sicherstellen. Zum Beispiel, indem sie bestimmte Wartungsmaßnahmen nur dann ermöglichen, wenn vorab erforderliche Sicherheitsmaßnahmen getroffen wurden. Damit sorgen sie für eine automatische und nachweisbare Einhaltung der Vorschriften.

Solche Arbeitsgenehmigungen sind die Basis der Schritt-für-Schritt-Funktionalität für HSE in der Software von Ultimo. Damit wird die Arbeitsgenehmigung für eine bestimmte Wartungsarbeit, wie z. B. den Austausch eines defekten Ventils an einem Tank, erst dann erteilt, wenn die Bedingungen für eine sichere Ausführung erfüllt sind.

In einer gemeinsamen Entscheidung wird festgelegt, welche Sicherheitsmaßnahmen dafür erforderlich sind und wer sie ergreifen muss. Die digitale Verwaltung beginnt dabei mit dem Eingang einer Anforderung für den Arbeitsauftrag. Die verantwortlichen Mitarbeiter bereiten die Arbeitserlaubnis daraufhin vor und validieren sie in jeder Phase digital, um ihre Erteilung, gegebenenfalls Verlängerung und schließlich den Abschluss zu bestätigten. Alle Details dazu, einschließlich der Risikoanalyse einer Wartungsaufgabe und die Bedingungen für Lockout und Tagout können jederzeit eingesehen und nachvollzogen werden (siehe Grafik oben).

Leitfaden zur Positionierung von Locks und Tags
Visueller Leitfaden zur Positionierung von Sperren (Locks) und Tags. (Bild: Ultimo)

Das Lockout-Tagout-Modul (LOTO) des Ultimo EAM-Systems verhindert, dass Anlagen während Wartungsarbeiten unerwartet anlaufen. Dazu werden Anlagenteile oder Prozesse gesperrt und isoliert. Über entsprechende Tags ist klar nachvollziehbar, wer die Locks angebracht hat. Nur diese Person kann die Tags auch wieder entfernen und die entsprechenden Assets entsperren.

Vor der Erteilung einer Arbeitsfreigabe wird seitens der Verantwortlichen festgelegt, welche und wie viele Sperren an welchen Positionen der Anlage notwendig sind. Dabei kann das EAM-System ebenfalls unterstützen, wenn als Referenz auf digitale Anlagenpläne und Rohrleitungs- und Instrumentendiagramme Bezug genommen wird (siehe Grafik oben). Dieser Arbeitsgenehmigungsprozess stellt sicher, dass die Sperren und Tags erst mit Abschluss der Arbeiten wieder entfernt werden.

Prozesse aktiv anpassen: Ultimo Management of Change

Während einige Instandhaltungsmaßnahmen Routine sind, erfordern andere Veränderungen an der Ausstattung der Anlage oder eine Anpassung bestehender Prozesse – so zum Beispiel wenn ein neuer Ventiltyp eingesetzt wird oder neue Materialien bevorratet werden müssen. Ultimo verfügt dafür über ein eigenes Management of Change (MoC) Modul, mit dem diese Änderungen mit Hilfe von Prozessen eingeführt werden können.

Ausgelöst durch einen entsprechenden Antrag werden Änderungen von der frühesten Planungsphase bis zur Fertigstellung verwaltet. Wie alle Ultimo HSE-Softwaremodule legt auch MoC einen strukturierten Prozess fest, der durch Checklisten unterstützt wird. Ein Validierungsverfahren begleitet die Umsetzung und stellt die Einhaltung des Prozesses sicher. Außerdem hilft das Modul den Nutzern, bereits im Vorfeld potenzielle Folgen der Änderung zu erkennen und zu berücksichtigen – das reduziert Risiken zusätzlich. Es unterstützt darüber hinaus bei der effizienten Integration der Änderungen in den bestehenden Ablauf sowie in die Bearbeitung und das Management von Wartungsaufgaben. Nach Abschluss aller im MoC-Prozess erfassten Änderungen erfolgt eine Prüfung und Bewertung der Ergebnisse.

So sorgt das MoC-Modul nicht nur für Sicherheit, sondern spart im Vergleich zu herkömmlichen papierbasierten Verfahren auch enorm viel Zeit und Aufwand. Alle relevanten Informationen, Dokumente und Kommunikationsprotokolle werden an einem Ort gespeichert. Außerdem können Maßnahmen wie Bewertungen, Unterschriften zur Genehmigung und andere Aktionen zeitgleich erfolgen.

Zwischenfälle managen – sicher und effizient

Analyse von HSE-Vorfällen
Analyse von Vorfällen. (Bild: Ultimo)

Kommt es trotz aller Vorsichtsmaßnahmen zu einem Vorfall rund um eine Anlage, kann das EAM-System eine Schlüsselrolle bei der Meldung und Verwaltung spielen. Dazu verfügt Ultimo über das HSE Incidents Module. Es benachrichtigt die zuständigen Sicherheitsbeauftragten umgehend über Zwischenfälle oder Beinaheunfälle und initiiert einen entsprechenden Prozess. Das Ziel ist es, bestmöglich aus vergangenen Vorkommnissen zu Lernen, um die Anzahl und Auswirkung weiterer Vorfälle zu verringern.

Dazu sorgt der Sicherheitsbeauftragte zunächst für die vollständige Erfassung, Verarbeitung und korrekte Registrierung des Vorfalls. Die EAM-Software unterstützt ihn mit den bereits im System vorhandenen Informationen und reduziert damit die Anzahl der erforderlichen Schritte auf ein Minimum. Relevante Details können schnell und einfach erfasst werden und das entsprechende Vorfallsprotokoll kann direkt per E-Mail versendet und weiteren autorisierten Personen zur Verfügung gestellt werden. Die bereits erfolgten Sicherheitsmaßnahmen werden ebenfalls dokumentiert.

Nach einer ersten Risikoanalyse entscheidet der Sicherheitsbeauftragte dann, ob eine weitere Untersuchung erforderlich ist. Der Prozess unterstützt dabei, die Folgen eines Vorfalls zu untersuchen und die unmittelbaren sowie grundlegenden Ursachen zu ermitteln. Durch die Verknüpfung von Informationen über Anlagen und ihre Instandhaltungshistorie mit Risikobewertungen und Aufzeichnungen über frühere Vorfälle, Beinaheunfälle und Problembereiche ermöglicht die Software eine umfassende Trend- und Ursachenanalysen (siehe Grafik oben). Auf Basis der Ergebnisse können neue Sicherheitsmaßnahmen definiert und umgesetzt sowie Folgearbeiten geplant werden. Im weiteren Verlauf des Prozesses werden diese Maßnahmen dann ebenfalls bewertet und etwaige Restrisiken ermittelt, bevor die Maßnahmen als dauerhafte Sicherheitslösung genehmigt und implementiert werden.

Box out – die Piper-Alpha-Katastrophe

Wie wichtig Schutzmaßnahmen auf Prozess- und Anlagenebene sind, zeigt auf tragische Weise die Katastrophe der Piper-Alpha-Ölplattform in der Nordsee im Jahr 1988. Ursache des Unglücks waren Fehler im Management der Umstellung vom Öl- auf den Gastransport und unterschätze Risiken im Zusammenhang mit dem Prozess. Eine Kondensationspumpe wurde für Wartungsarbeiten abgeschaltet und das Sicherheitsventil entfernt. Anschließend wurde sie wieder in Betrieb genommen, bevor das Ventil erneut montiert und die Wartung abgeschlossen war. Durch die Pumpe entwich Gas und führte zu einer Reihe von Explosionen und Bränden.

Wirksame Prozesse mit Lockout-Tagout-Prinzip und Arbeitserlaubnisverfahren hätten das Unglück aller Wahrscheinlichkeit nach verhindern können. Eine klare Kommunikation bei der Schichtübergabe hätte ebenfalls auf die Gefahr hingewiesen. In der EAM-Plattform von Ultimo wird das beispielsweise durch ein Modul für die Schichtübergabe erreicht. Es erstellt ein digitales Logbuch für die Aufzeichnung und den Austausch von Informationen zwischen Betreibern, Wartungspersonal und anderen Beteiligten.

Nachweisbare HSE-Maßnahmen

Es zeigt sich also zusammenfassend, dass der Einsatz einer EAM-Lösung Wartungsmanagern einen klaren und genauen Überblick über die Sicherheitsprozesse ihrer Anlagen verschafft und damit unsichere Praktiken verhindern kann. Das trägt zu einer besseren Kontrolle der Assets und deren Verwaltung bei und stellt sicher, dass wichtige HSE-Prozesse stets eingehalten werden.

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