Schiff im Nord-Ostsee-Kanal hinter einer Schleusenanlage

Schleusenanlage Kiel-Holtenau am Nord-Ostsee-Kanal musste neu dimensioniert werden. Verlässliche Messdaten mussten dafür her, so dass Messspezialist Althen individuelle Messlösungen für das Projekt entwickelte. (Bild: Althen GmbH Mess- und Sensortechnik)

Ein Projekt mit besonderen Dimensionen: Im Zuge der Modernisierung der Großen Schleuse in Kiel-Holtenau am Nord-Ostsee-Kanal (NOK) mussten reale Messdaten von den Antrieben der Schleusentore erhoben werden, um die So finden Sie den passenden Schmierstoff">Neudimensionierung der künftigen Antriebe planen zu können. Höchste Priorität hatte hierbei die Verfügbarkeit der Schleuse, deren Ausfallzeiten möglichst gering gehalten werden sollten. Messspezialist Althen entwickelte individuelle Messlösungen für das Projekt und begleitete die Messungen für die mit Voruntersuchungen beauftragte Firma Tractebel Hydroprojekt GmbH.

Immense Bedeutung der Wasserstraße für Warentransport

Die Schleusenanlage Kiel-Holtenau, an der Kieler Förde gelegen, ist eine der beiden Zufahrten zum Nord-Ostsee-Kanal (am anderen Ende liegt die Schleuse Brunsbüttel), der Nord- und Ostsee miteinander verbindet. Die Bedeutung der Wasserstraße ist für den europäischen Warentransport immens; der NOK ist die meist befahrene künstliche Seeschifffahrtsstraße der Welt.

Bastian Maaß, zuständig für technische Querschnittsaufgaben im Wasserstraßen-Neubauamt Nord-Ostsee-Kanal, erläutert: „Sogenannte Feeder-Schiffe nutzen den Nord-Ostsee-Kanal, um als Zubringer die Seeschiffe an den großen Seehäfen mit Containern zu versorgen. Die Passage benötigt zwar ebenfalls einige Stunden – je nach Schiffsaufkommen und damit Wartezeit in den Weichen und vor den Schleusen –, aber sie ist eine zeitliche Erleichterung gegenüber dem Umweg über Skagen. Insbesondere im Winter bei hohen Spritpreisen und rauer See um Skagen herum wird die NOK-Passage bevorzugt. Zudem haben viele Feederschiffe einen sehr engen Fahrplan, der sich nur dank der Abkürzung durch den NOK einhalten lässt.“

Schleusentor am Nord-Ostsee-Kanal
Im Hintergrund schließt sich das gewaltige Schleusentor (Länge: 42 m) einer der beiden Schleusenkammern nach Einfahrt des Schiffes. Bei dem Ersatzschleusentor im Vordergrund wird deutlich, um welch komplexe Konstruktion es sich hierbei handelt: Ein Schleusentor besteht nicht nur aus einer flachen Wand, sondern ist ein mehrere Meter breites Gebilde und ragt circa 14 Meter tief ins Wasser hinein. Unterhalb der Wasseroberfläche ist es mit Ballasttanks versehen, um den Auftrieb des Tores je nach Anforderung zu gewährleisten. (Bild: Althen GmbH Mess- und Sensortechnik)

Voruntersuchungen für die Neudimensionierung der Antriebe

Bei dem hohen Schiffsaufkommen im NOK ist es umso wichtiger, dass die zwei Schleusenanlagen reibungslos funktionieren und kein zusätzliches Nadelöhr darstellen. Nachdem die Kleine Schleuse in Kiel-Holtenau altersbedingt seit Juni 2014 außer Betrieb ist und komplett neu geplant und gebaut wird, kann derzeit nur die Große Schleuse mit ihren beiden Schleusenkammern genutzt werden (Nutzlänge 310 m, Nutzbreite 42 m).

Doch auch hier besteht Modernisierungsbedarf, nachdem die Getriebe der Schleusentore letztmalig in den 1960er Jahren erneuert wurden. Es galt also, im laufenden Betrieb Voruntersuchungen durchführen zu lassen, um die Neudimensionierung der Antriebe zu ermöglichen – die größte Herausforderung in diesem Projekt.

Ein Gabelkopf am Schleusentor
Über den Gabelkopf wird der Antrieb am Torelement angekuppelt. Der eigentliche Verbindungsbolzen wurde für die Messungen durch einen eigens entwickelten Lastmessbolzen ersetzt, der misst, mit welcher Kraft das Tor zugeschoben oder geöffnet wird. (Bild: Althen GmbH Mess- und Sensortechnik)

Relevante Kenndaten der Schleusentoranlage ermitteln

Das Wasserstraßen-Neubauamt Nord-Ostsee-Kanal beauftragte den Ingenieurdienstleister Tractebel Hydroprojekt mit den Voruntersuchungen und Tractebel holte die Althen GmbH Mess- und Sensortechnik für die Realisierung der Messungen mit ins Boot. Ziel war es, relevante Kenndaten der vorhandenen Schleusentoranlage zu ermitteln.

„Natürlich haben wir eine jahrzehntelange praktische Erfahrung mit jedem einzelnen Schleusentor“, so Bastian Maaß, „und es liegen auch noch Daten und Berechnungen aus den 1960er Jahren vor. Jedoch sind die absoluten Messwerte, zum Beispiel auftretende Lastspitzen, nicht bekannt. Um eine passgenaue Dimensionierung der neuen Schleusenantriebe zu erreichen und möglicherweise auftretende Probleme erkennen und beheben zu können, sind real gemessene Werte die Voraussetzung – auch zum Abgleich mit den veralteten Daten.“

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Messen ohne konstruktive Veränderungen

Die Firma Althen ist schon seit ihrer Gründung 1978 auch im Bereich Verkehrswasserbau tätig. So werden vielerorts Schiffschleusenanlagen und Wehre durch Althens Messtechnik überwacht. Dabei liefert das Unternehmen nicht nur die Komponenten, wie zum Beispiel Kraft- und Wegaufnehmer, Neigungssensoren und Messverstärker, sondern berät und unterstützt auf Wunsch den Kunden auch bei der Konstruktion, Inbetriebnahme sowie bei eventuellen technischen Problemen.

Falls erforderlich, werden Sonderlösungen entwickelt, die für die vorliegende Applikation notwendig sind – wie auch in diesem Fall. Dabei war zu überlegen, wie das Ziel mit einem möglichst geringen Aufwand hinsichtlich konstruktiver Veränderungen an der Anlage erreicht werden konnte. Die gewählte Lösung mit eigens entwickelten Lastmessbolzen entsprach dieser Anforderung und die Schleusenanlage konnte nach Abschluss einer Messreihe innerhalb weniger Minuten wieder in den Originalzustand zurückgebaut werden.

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Entwicklung spezifischer Lastmessbolzen

Zur Bestimmung der auftretenden Schub- und Zugkräfte beim Verfahren der Schiebetore wurden Bolzenverbindungen zwischen den beiden Schubstangen und dem eigentlichen Torelement durch speziell entwickelte Lastmessbolzen ersetzt. Ein solcher Messbolzen lässt sich nicht als Standardprodukt beziehen. Kundenseitig wurden mehrere Gabelköpfe an den Schubstangen vermessen und von Althen ein entsprechender Bolzentyp entwickelt.

Ebenso wurde bei den Brechbolzen in den Kupplungen verfahren: Die vier Brechbolzenkupplungen in den zwei Antriebssträngen zwischen Getriebeeinheit und den Antriebsritzeln ermöglichen eine Messung des Antriebsdrehmoments währen der Torfahrt. Auch hierfür gibt es keine Standardbauform eines Kraftaufnehmers, sondern Althen konstruierte spezifische Lastmessbolzen für diesen Anwendungszweck. Unter Berücksichtigung des Hebelarmes konnte hieraus das Drehmoment ermittelt werden.

Was eine solche Sonderentwicklung für die zeitliche Planung bedeutet, erläutert Holger Piscator, Leiter Entwicklung und Fertigung bei Althen: „Wenn Messwerte nicht mit Aufnehmern aus dem Katalog erfasst werden können, muss man sich bewusst sein, dass der zusätzliche Entwicklungsaufwand die Planungszeit deutlich verlängert.“

Getriebe mit Brechbolzenkupplung
Getriebe mit Brechbolzenkupplung: Die roten Elemente sind die eingebauten Kraftaufnehmer von Althen, die die eigentlichen Brechbolzen während der Messungen ersetzen. Letztere sind Formteile, die bei einer definierten Kraft brechen und damit eine Überlastung des Systems vermeiden. Über die Kraftmessung kann indirekt das Drehmoment berechnet werden, das auf das Ritzel wirkt, mit dem das Schleusentor verfahren wird. (Bild: Althen GmbH Mess- und Sensortechnik)

Messungen der Schleusenanlage im laufenden Betrieb

Insgesamt benötigte das Projekt ein halbes Jahr Vorlaufzeit vor den eigentlichen Messungen – zum einen aufgrund der Eigenentwicklungen, zum anderen auch, weil die Messungen im laufenden Betrieb stattfinden mussten. Diese Voraussetzung erforderte eine detaillierte Planung, wann Sperrungen möglich waren und wann die Schleusenanlage wieder einsatzbereit sein musste.

Die Sperrungen für die Messungen und den entsprechenden Auf- und Abbau erfolgten dann immer nur für wenige Stunden. Insbesondere nachts musste der Betrieb einwandfrei laufen. Eine Herausforderung war dabei vor allem die enorme Verkabelung, die nach jeder Messung teilweise wieder entfernt werden musste.

Parallele Auswertung der bauseitig vorhandenen Drehimpulsgeber

Zur späteren Analyse der gemessenen Kräfte war auch die Erfassung der Position der Schiebetore erforderlich. Dies erfolgte über die parallele Auswertung von vorhandenen Signalen der bauseitig vorhandenen Drehimpulsgeber, ohne die Anlage in der Betriebsbereitschaft zu beeinflussen. Daneben sorgte Althen auch für eine Dokumentation der Motorleistung.

Die Motorströme der Antriebsmotoren werden von der Steuerung der Schleusenanlage permanent überwacht, um eventuell auftretende kritische Betriebszustände zu erkennen und die Anlage vor Überlastung zu schützen. Diese vorhandenen Steuersignale wurden ebenfalls gemessen. Alle während der Torfahrten ermittelten Messsignale wurden mit einem Datenlogger vom Typ Graphtec GL7000 mit zwei analogen Eingangsmodulen aufgezeichnet. Die zugehörige Software ermöglichte dem Kunden eine unkomplizierte, schnelle Auswertung.

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(Bild: krunja/stock.adobe.com)

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Messaufbau im Vorfeld getestet

Die Messungen wurden zwei Wochen lang durchgeführt und von zwei Ingenieuren von Althen komplett begleitet. Wichtig bei einem Projekt solcher Größenordnung ist, dass alle Beteiligten an einem Strang ziehen und die verschiedenen Aufgabenbereiche gut koordinieren. Bastian Maaß: „Wir waren beeindruckt, wie gut Althen auf die Messaufgaben vorbereitet war, alles bereits im Vorfeld durchgetestet hatte und wie reibungslos der oft komplizierte Verdrahtungsanteil funktioniert hat.“

Für Holger Piscator gehört diese sorgfältige Vorplanung unbedingt dazu, um letztlich auch den zeitlichen Rahmen einzuhalten: „Um die Messreihen zügig und problemlos durchführen zu können, wurde der gesamte Messaufbau inklusive der Verdrahtung und Programmierung aller Messgeräte bei Althen vorgenommen und getestet, um eine schnelle Montage und Inbetriebnahme an der Schleuse sicherzustellen.“

Mit den nun vorliegenden Messergebnissen lassen sich die ursprünglichen Daten und die bisherigen theoretischen Berechnungen validieren. Darüber hinaus ermöglichen die gewonnen Detailinformationen eine weitere Optimierung der Schleusenanlage.

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