Getriebe gehören zu den wichtigsten Komponenten in vielen Antriebssträngen der Industrie. Meist in Kombination mit einem Elektromotor sorgen sie für die notwendigen Bewegungsabläufe in Maschinen und Anlagen – und sichern so den Ablauf einer Produktionslinie. Fallen Getriebemotoren aus, stehen oft ganze Anlagen still. Das macht sie zu einem wichtigen Faktor der Anlagenverfügbarkeit, denn jede Minute Stillstand kostet das Unternehmen schnell mehrere Tausend Euro.
Neben den üblichen Eckdaten wie Leistung und Drehmoment treten damit Zuverlässigkeit, Robustheit und Lebensdauer sowie das Thema Wartungsaufwand und Wartungsintervalle von Getriebemotoren in den Mittelpunkt des Interesses. Die zwei zentralen Forderungen der Instandhalter im Sinne einer hohen Anlagenverfügbarkeit lauten deshalb:
- Möglichst geringer Wartungsaufwand der Getriebe
- Ständige Teileverfügbarkeit und guter Service durch den Hersteller/Lieferanten
Dieser Artikel zeigt Instandhaltern auf, wie eine Zielerreichung dieser beiden Punkte möglich ist und welche Faktoren eine weitere Rolle spielen können. Dieser erste Teil bietet einen Einblick in die technischen Grundlagen von Getriebemotoren mit dem Thema Wartung im Fokus. Im zweiten Teil geht es um Condition Monitoring und Predictive Maintenance (hier klicken). Instandhalter erhalten zudem praktische Tipps für die richtige Wartung von Getriebemotoren.
Technische Merkmale eines Getriebemotors
Die wichtigsten Getriebearten sind Stirnradgetriebe, Kegelradgetriebe, Flachgetriebe und Schneckengetriebe. Sie haben in der Industrie jeweils einen Anteil von rund 20 Prozent, decken insgesamt also vier Fünftel des Marktes ab. Ein großer Anteil der übrigen 20 Prozent wird durch Planetengetriebe abgedeckt. Speziell in der Kombination mit einem Elektromotor – also als Getriebemotor – eignen sich besonders Stirnrad-, Flach- und Kegelstirnradgetriebe, wie sie beispielsweise auch WEG, ein weltweit tätiger Hersteller in der Antriebstechnik, anbietet.
Zunächst einmal bestimmen die Anwendungsdaten wie Leistungsbedarf, Geschwindigkeit, Umgebungstemperatur und die Platzverhältnisse die Auswahl eines Getriebes. Seine Lebensdauer hängt jedoch auch davon ab, welche Belastungen auf das Getriebe einwirken. So können beispielsweise beim Antrieb eines Förderbands hohe Stoßbelastungen auftreten, die berücksichtigt werden müssen.
Video: Elektromotoren - Arten, Eigenschaften und Anwendungen
Die wichtigsten technischen Daten eines Getriebes sind Drehmoment, Leistung, Untersetzung und Drehzahlbereich. Je nach Einsatzart spielen außerdem Anschlussmaße und Gehäusematerial eine wichtige Rolle. Moderne Zahnradgetriebe verlieren je Übersetzungsstufe lediglich etwa 1,5 Prozent Wirkungsgrad. Bei Schneckengetrieben ist der Wirkungsgrad in Abhängigkeit der Untersetzung geringer.
Das Gehäusematerial hat entscheidenden Einfluss auf Steifigkeit und Gewicht der Gesamtkonstruktion. So ist ein Aluminiumgehäuse bei ähnlicher Festigkeit deutlich leichter als ein Graugussgehäuse. Da Grauguss jedoch besonders verwindungssteif und schwingungsdämpfend wirkt, eignet er sich besser für größere Drehmomente. Wichtig für die Wartung: Je glatter die Gehäuseoberfläche, desto leichter und schneller lässt sich das Getriebe reinigen.
Die Fülle der diversen Getriebemotoren, ihrer Anbieter und Baureihen ist riesig. Meine Kollegin Kathrin Irmer hat sich auf unserem Schwesterportal TECHNIK & EINKAUF damit auseinandergesetzt und einen Einkaufsführer erstellt. Wenn Sie hier klicken, kommen Sie direkt hin.
So bleibt der Wartungsaufwand niedrig
Zuverlässigkeit, Robustheit und Lebensdauer sind wesentliche Eigenschaften eines Getriebes. Ganz entscheidend für die Lifecycle-Kosten ist jedoch der Wartungsaufwand. Sie fallen niedrig aus, wenn es während eines Getriebelebens zu wenigen zusätzlichen Reparaturen kommt. Von niedrigen Wartungskosten profitiert natürlich der Anlagenbetreiber, aber auch sein Lieferant, denn jede Reparatur verursacht zeitlichen und wirtschaftlichen Aufwand.
Ist ein Getriebe besonders robust und zuverlässig, wirkt sich seine Ausfallsicherheit positiv auf die gesamte Anlagenverfügbarkeit aus. Erstklassige Komponenten, dazu gehören Qualitätsstähle oder auch Schmierstoffe, sind ausschlaggebend für ein qualitativ hochwertiges und wartungsarmes oder sogar wartungsfreies Getriebe. Neben der Verarbeitung hochwertiger Materialien ist hierfür beispielsweise die Getriebeschmierung ein wichtiger Indikator.
Ein Getriebe muss passen – vor allem zum Einsatzzweck
Auch hochwertige Getriebe müssen immer zur Anwendung passen, um sie möglichst ausfall- und wartungsfrei betreiben zu können. Dabei spielen mehrere Faktoren eine wichtige Rolle:
- Umgebungsbedingungen: Umgebungstemperatur, UV-Belastung, Luftfeuchtigkeit, Schmutz und Staub oder chemische Einflüsse haben Auswirkungen auf die Lebensdauer.
- Aufstellungsort: Befindet sich das Getriebe in einer sauberen Fertigungshalle oder im Freien – beispielsweise in einer staubigen Wüstenlandschaft?
- Nennbetriebsart: Sie beschreibt in normierter Weise die Beanspruchung einer elektrischen Maschine von S1 bis S10, wobei S1 den Dauerbetrieb mit konstanter Belastung bezeichnet und S10 den Betrieb mit einzelnen konstanten Belastungen, die sich auf die Getriebemotorerwärmung auswirken.
- Anlaufvorgang: Laufen Motoren im Netz- oder Frequenzumrichterbetrieb?
- Belastungsart: Stoßbelastungen beispielsweise können die Lebensdauer und Zuverlässigkeit eines nicht geeigneten Getriebes deutlich reduzieren. Sehr hohe Drehmomente erfordern robuste und verwindungssteife Systeme, insbesondere bei hohen Lasten und Beschleunigungen.
Was einen Getriebemotor wartungsarm macht
Bei Getrieben kommt es vor allem auf die optimale Verzahnungsgeometrie an, wenn sie möglichst wartungsfrei sein sollen. Auch die Verwendung von qualitativ hochwertigen Bauteilen – ein gutes Beispiel sind Lager oder Wellendichtringe – tragen dazu bei.
Beim neu entwickelten Verzahnungsbaukasten des WG20-Getriebeprogramm von WEG kommen reibungsarme, präzise geschliffene Verzahnungsteile zum Einsatz, die auf modernen Verzahnungsmaschinen gefertigt werden. Dies hat geringe Umfangsgeschwindigkeiten und geringere Reibungsverluste zur Folge.
Eine optimierte Verzahnungsgeometrie der Getriebe verringert die Reibungsverluste und erhöht so den Wirkungsgrad. Eine exakt abgestimmte Schmierstoffmenge führt zu geringeren Planschverlusten, was wiederum der Effizienz zugutekommt. Gleichzeitig entlastet sie den verwendeten Schmierstoff, der seltener – oder gar nicht – gewechselt werden muss. Qualitativ hochwertige Schmierstoffe und niedrigere Öltemperaturen erhöhen ebenfalls die Schmierstofflebensdauer.
Die Geometrie der Getriebegehäuse spielt hier eine weitere wichtige Rolle. Eine vergrößerte Gehäuseoberfläche wirkt sich positiv auf die thermische Grenzleistung aus. So sind beispielsweise die neuen WG20-Getriebemotoren von WEG bis zu einem Nenndrehmoment von 600 Newtonmetern lebensdauergeschmiert und wartungsarm.
Dies wird durch die geschlossenen Getriebegehäuse bis 600 Newtonmetern erreicht. Hier kann es konstruktionsbedingt zu keiner - So helfen Servicegeräte bei der Reinigung von Hydrauliköl">Verschmutzung des Öls von außen kommen. Der positive Effekt ist eine geringe Oxidation, wodurch die Alterung des Schmierstoffs deutlich verlangsamt wird. Bei der WG20-Reihe kommen ab 820 Newtonmetern beispielsweise einseitig wirkende Entlüftungsventile und Ölablassschrauben zum Einsatz. Diese Getriebegehäuse sind nicht geschlossen, eine Verschmutzung des Öls von außen ist trotzdem weitgehend ausgeschlossen. Auch hier wird durch die geringe Oxidation die Alterung des Schmierstoffs gebremst.
Ebenfalls wichtig ist eine konstant gleichbleibende hohe Schmierstoffgüte. Es empfiehlt sich deshalb die Verwendung von qualitativ hochwertigen mineralischen und synthetischen Schmiermitteln von namhaften Herstellern, die für den jeweiligen Getriebemotor freigegeben sind.
Was dem Instandhalter das Leben erleichtert
Für Wartung und Instandhaltung von entscheidender Bedeutung sind Teileverfügbarkeit und Service für Getriebe und Motoren. Sie bilden bei der Getriebeauswahl ein zentrales Kriterium. Typische Verschleißteile bei Getrieben sind neben dem Schmierstoff vor allem die Wellendichtringe, die Lager und die Verzahnungsteile.
Gerade in stark exportorientierten Industrien wie dem Maschinen- und Anlagenbau oder der Energiewirtschaft kommt es dabei vor allem auf weltweite Lieferfähigkeit und Service an. Ein Getriebelieferant sollte also über ein weltweites Ersatzteil- und Servicenetz verfügen, wobei kurze Lieferzeiten entscheidend sind, wenn Anlagenbetreiber Stillstandzeiten möglichst gering halten wollen.
Ein weiterer wichtiger Aspekt für die Instandhaltung: marktkonforme Anschlussmaße. Nicht umsonst haben sich weltweit standardisierte Anschlussmaße durchgesetzt. Sie beruhen nicht auf Normen, sondern haben sich aufgrund der hohen Marktdurchdringung bestimmter Getriebemotoren etabliert.
Deshalb sollten auch Instandhalter bei der Ersatzteilbeschaffung darauf achten, nur Getriebe zu verbauen, die sich aufgrund ihrer Anschlussmaße ohne Umbauten und Anlagenmodifikationen leicht integrieren und austauschen lassen. So erleichtern beispielsweise die strikt marktkonformen Anschlussmaße der WG20-Getriebemotoren von WEG nicht nur den Einsatz für neu entwickelte Maschinen im OEM-Markt, sondern auch die Nachrüstung beim Endkunden.
Der zweite Teil des Artikels zeigt weitere Möglichkeiten auf, die Wartung zu optimieren, bietet Praxistipps sowie einen Ausblick, wo die Entwicklungen hingehen.