Werkzeugmaschinen brauchen Service und Wartung - auch in Pandemie-Zeiten. Wie das gehen kann, erklären in diesem Artikel Experten von Index, Trumpf, vom VDW und von Zoller.

Werkzeugmaschinen brauchen Service und Wartung - auch in Pandemie-Zeiten. Wie das gehen kann, erklären in diesem Artikel Experten von Index, Trumpf, vom VDW und von Zoller. - (Bild: Index)

Der deutschen Industrie geht es trotz der Corona-Pandemie gut – das liegt auch an ihren hervorragenden Werkzeugmaschinen. Doch selbst diese Wunderwerke der Technik brauchen Service oder Ersatzteile oder haben auch mal Defekte. Dann sind oft die Service-Teams der Hersteller im Einsatz. Aber wie machen sie das, wenn virusbedingt Werke nicht zugänglich oder nur mit langwierigen Auflagen zu betreten sind oder Reiseeinschränkungen gelten? Das haben wir den Verein Deutscher Werkzeugmaschinenfabriken (VDW), Trumpf, Index und Zoller gefragt.

 

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- Viele Fragen vor Service-Einsätzen

Veränderte Bedingungen für Anwender

Unterschiedliche Erfahrungen

- Digitale Service-Lösungen verstärkt im Einsatz

AR ist toll – aber nicht zwingend notwendig

 

Und hier geht es zu den kompletten Interviews mit

- Dr. Alexander Broos, Leiter Forschung und Technik im VDW

- Christoph Zoller, Geschäftsführer der E. Zoller GmbH & Co. KG und

- Uwe Hetzer, Leiter Technischer Kundendienst bei Trumpf

Die Auswirkungen der Corona-Pandemie bekam die deutsche Werkzeugmaschinenbranche ziemlich rasch zu spüren – gerade in Sachen Service, Inspektion, Reparatur oder Umrüstung: "Sehr schnell haben viele Unternehmen nach Verhängung des ersten Lockdowns den Zutritt externer Dienstleister untersagt", sagt Dr. Alexander Broos, Leiter Forschung und Technik im VDW. "Obwohl Maschinenhersteller wie auch Kunden zügig Hygienekonzepte erarbeitet hatten und diese auch konsequent eingehalten wurden."

Sowohl die Verfügbarkeit von Maschinen als auch von Mitarbeitern war aufgrund von Quarantänebestimmungen und Kurzarbeit zunächst nur schwer planbar, so Broos. Ein weiteres Problem habe die starke Einschränkung der Reisetätigkeit dargestellt.

Viele Fragen vor Service-Einsätzen

Diese Herausforderungen sorgten beispielsweise auch bei den Index Werken für einen massiv erhöhten Planungsaufwand im Vorfeld von nationalen und auch internationalen Serviceeinsätzen, wie Serviceleiter Ralph Herrmann erklärt. So musste unter anderem geklärt werden, welche Einsätze zwingend erforderlich und welche verschiebbar waren. Auch der Krankenstand der eigenen Techniker war im Auge zu behalten, genauso wie die Ausstattung der Servicekräfte mit Masken und anderen Schutzmitteln.

"Die Zugangsbeschränkungen beim Kunden waren ebenso zu eruieren wie Ansprechpartner, die Organisation der Ersatzteillieferung, ob der Einsatzort in einem Risikogebiet liegt oder ob dementsprechend vor beziehungsweise nach der Reise ein Test benötigt wird", erklärt Herrmann. Auch eventuelle Beschränkungen für die Dauer des Aufenthaltes oder bei der Unterkunft sowie mögliche Quarantäneverordnungen mussten bedacht werden. Und nicht zuletzt: Ist der Mitarbeiter überhaupt zu diesem Einsatz bereit.

Veränderte Bedingungen für Anwender

Wie in vielen Bereichen mussten sich auch die Anwender von Werkzeugeinstell-, Mess- und Prüfgeräten und Tool Management Systemen auf die veränderten Bedingungen einstellen. "Während Reparaturen eigentlich durchgängig möglich waren, verzögerte sich die Durchführung von Standard-Wartungen zu Anfang der Pandemie immer wieder, da die sichere Umsetzung nicht gewährleistet war", sagt Christoph Zoller, Geschäftsführer der E. Zoller GmbH & Co. KG. "Dies hat sich inzwischen nach einigen Monaten eingependelt, sodass mit angepassten Abläufen und unter Beachtung von Hygienemaßnahmen nun wieder regulär gewartet wird."

Unterschiedliche Erfahrungen

Auch bei Trumpf sah sich der Service ganz neuen Herausforderungen gegenüber – allerdings nicht in allen Bereichen gleich stark: "Im Innendienst haben wir wenig Probleme", sagt Uwe Hetzer, Leiter des technischen Kundendiensts bei den Ditzingern. "Der Außendienst allerdings trifft bei seinen Einsätzen auf eine ganze Bandbreite von unterschiedlichen Situationen", erklärt er. "Der Kollege geht morgens zu einem Kunden, der mit Corona sehr bewusst umgeht und bei dem die Hygieneverhältnisse perfekt sind. Da ist die Maschine abgesperrt und er hat eine eigene Toilette zugeordnet. Dann geht er zum nächsten Kunden und dort hat man das Gefühl, dass es Corona noch nie gegeben hat."

Digitale Service-Lösungen verstärkt im Einsatz

"Inspektionen und Service vor Ort waren seit Beginn der Pandemie erschwert und fielen teilweise komplett weg", sagt VDW-Technik-Leiter Broos. Im Verlauf der Pandemie hätten sich aber diverse digitale Kommunikationsinstrumente etabliert. Dabei seien in den einfachsten Fällen Videokonferenzen für die ‚Hilfe zur Selbsthilfe‘ ausreichend. Wichtig dabei sei aber, das dem in der Regel qualifiziertes Personal zur Verfügung stehe, um gewisse Wartungsabläufe selbst auszuführen. "Darüber hinaus wurden Portale mit Support- und Servicelösungen eingerichtet. Weitere Beispiele sind die Einführung von Apps oder die Nutzung von Datenbrillen", so der VDW-Experte.

Uwe Hetzer, Leiter Technischer Service bei Trumpf.
Uwe Hetzer, Leiter Technischer Service bei Trumpf. - (Bild: Hetzer)

Die Nutzung digitaler Service-Lösungen zur 'Fernwartung' ist auch bei Trumpf das Mittel der Wahl: "Wir können uns bei den Kunden, die dem zugestimmt haben, remote auf die Steuerung schalten", erklärt Uwe Hetzer. "In den meisten Fällen haben wir noch keine Permanent-Verbindung, sondern schalten uns nur im Service-Fall drauf." Dadurch kommen die Service-Spezialisten an alle nötigen Daten der Maschine – ohne vor Ort sein zu müssen und ohne, dass der Kunde danebenstehen muss. "Bei unseren Einsätzen schalten wir uns oft auf die Maschine und geben dem Kunden Bescheid, dass wir uns wieder telefonisch melden, wenn wir so weit sind. So lösen wir viele Fälle aus der Ferne."

Ganz ähnlich geht man bei Zoller vor. Auch dort bestand schon vor der Pandemie die Möglichkeit des Online-Zugriffs auf die Geräte. Die Nutzung stieg aber mit Corona an: "Dieser bestehenden Technologie hat die Pandemiesituation also noch mal Vorschub gegeben", so Christoph Zoller. Auch Schulungen und komplette Software-Installationen führt das Pleidelsheimer Unternehmen inzwischen remote durch. "In Deutschland stehen in vier Vorführzentren eine breite Palette an Geräten und Softwaredemonstratoren zur Verfügung, anhand derer wir unsere Kunden in Videoschalten bei der Problemlösung unterstützen können", sagt Zoller. Außerdem sei das vergangene Jahr genutzt worden, um den digitalen Zugang zu den Kunden auszubauen.

Auch bei Index ging man aufgrund der Pandemie dazu über, den hauseigenen Teleservice und die Möglichkeiten der Maschinensteuerung verstärkt zur Fehlerdiagnose und teilweise auch zur Fehlerbehebung zu nutzen. "Das ist auch vom Home-Office möglich", sagt Ralph Herrmann.

Aber man hatte sich nicht nur technologisch, sondern auch organisatorisch und personell gut vorbereitet. So war unter anderem das Arbeiten von Zuhause aus für die Kollegen der Einsatzsteuerung oder der Hotline gut vorbereitet, sodass man sofort ‚umschalten‘ konnte. "Wir haben auch die Ansprechpartner bei den Kunden stärker in die Pflicht genommen", erklärt Herrmann. "Das bekannte 'Maschine steht, Monteur schicken' geht in diesen Zeiten nicht mehr. Also mussten Fehlerbeschreibungen her und Analysen, Fotos, Hardcopys, Traces…"

AR ist toll – aber nicht zwingend notwendig

Die meisten Unternehmen – und ihre Kunden – kommen mit ihrem Service oft ohne fancy Hightech-Applikationen wie Augmented Reality, Datenbrillen oder Künstlicher Intelligenz auch während der Pandemie gut zurande. Bei Trumpf greifen die Techniker oft auf ein praktisches Mittel zurück: vorgefertigte Reparaturanleitungen mit Bildmaterial. "Bei etwa 30 Prozent unserer Servicefälle können wir das nutzen", sagt Hetzer. "Das geht über die Hotline oder vollautomatisch über die Serviceapp rund um die Uhr – per Fehlernummer und Maschine können wir dem Kunden die passende Anleitung unmittelbar zukommen lassen. Sitzt dann ein gewiefter Kunde/Instandhalter auf der anderen Seite, kann das Problem sofort behoben werden."

Auch beim VDW steht man der digitalen Weiterentwicklung des Service mittels Augmented Reality, Software oder KI pragmatisch gegenüber: "Die Pandemie hat den Ausbau digitaler Serviceangebote vorangebracht", erklärt Broos. "Allerdings wurde bei Unternehmen, die keine dieser Angebote in der Schublade hatten, kein krampfhafter Aktionismus an den Tag gelegt." Stattdessen hätten die Unternehmen eben auf Basis einfacher, verfügbarer Tools pfiffige Lösungen entwickelt, um konkrete Probleme zu beheben. "Im Vorteil waren natürlich die Firmen, die auch vorher schon digitale Tools im Einsatz hatten und sie weiterentwickeln konnten."

Natürlich sind in der Werkzeugmaschinenbranche laut VDW für die durchgängige Beobachtung produzierter Teile oder Werkzeug-Überwachungssysteme, die drohende Schäden frühzeitig erkennen und beseitigen lassen, im Einsatz. Auch AR, also Augmented Reality, bei der reale mit computergenerierten Bildern verschmelzen, ist im Gebrauch: So lassen sich Informationen in das Bildsignal einblenden, die den Anlagenbetreiber effektiv unterstützen können. Auch gibt es Portale für industrielle Dienstleistungen, die via App Live-Bilder auf Handy oder Datenbrille übertragen. "Diese und andere Tools können die Fernwartung optimal unterstützen", sagt Broos. Die Beispiele von Trumpf, Index und Zoller zeigen aber auch, dass viele Fälle auch fast schon traditionell zu lösen sind.

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