Sicher in der Höhe statt Schwerstarbeit für Schutzengel: Eine spezielle mobile Plattform sorgt bei Spie auch im technischen Umfeld für Arbeitssicherheit wie zum Beispiel bei der Wartungsaufgaben oder Installationen.

Sicher in der Höhe statt Schwerstarbeit für Schutzengel: Eine spezielle mobile Plattform sorgt bei Spie auch im technischen Umfeld für Arbeitssicherheit wie zum Beispiel bei der Wartungsaufgaben oder Installationen. - (Bild: Martin Joppen/Munk Günzburger Steigtechnik)

Arbeitsschutz geht Hand in Hand mit Prozessoptimierung und zahlt sich so gleich doppelt aus: Das wird von einer internationalen Studie der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) bestätigt, die einen Return on Prevention (ROP) von 2,2 ermittelt hat. In der Praxis bedeutet das: Ein in die Prävention investierter Euro beschert Unternehmen einen Erfolg in Höhe von 2,20 Euro – in Form von einem Plus an Sicherheit und Effizienz sowie von niedrigeren Kosten für Un- und Ausfälle.

 

Wie wichtig Prävention für Betriebe ist, betont auch Dr. Oliver Polanz, der Leiter für Arbeits-, Gesundheits-, Umweltschutz und Qualitätsmanagement (HSEQ) beim Multitechnik-Dienstleister SPIE Deutschland & Zentraleuropa. Hier gibt er Tipps für die praktische Umsetzung von Arbeitsschutzmaßnahmen. Ihm kommt es dabei vor allem auf einen gut geführten Dialog mit den Mitarbeitenden und auf die enge Zusammenarbeit mit Anbietern an.

Warum ist das Thema Arbeitsschutz Ihrer Meinung nach so wichtig für Unternehmen?

Dr. Oliver Polanz: "Jeder Arbeitsunfall ist einer zu viel, denn er kann massive Auswirkungen auf das Privatleben haben und großes persönliches Leid für das Unfallopfer bedeuten. Für mich muss beim Arbeitsschutz deshalb immer der Mensch an erster Stelle stehen. Daher basieren bei Spie alle Maßnahmen auf unserer Fürsorgepflicht gegenüber den Mitarbeitenden, den Kunden, Nachunternehmen und auch gegenüber unbeteiligten Dritten. Mit guter Prävention nehmen wir als Unternehmen aber nicht nur unsere soziale Verantwortung wahr, sondern wir beeinflussen auch unseren wirtschaftlichen Erfolg. Zum Beispiel konnten wir die Unfallhäufigkeit in den vergangenen sieben Jahren durch unterschiedliche Maßnahmen um über 55 Prozent reduzieren und auch die Kosten für Ausfälle sind um fast die Hälfte gesunken. Das ist ein toller Erfolg und zeigt, dass sich Arbeitssicherheit in jeder Hinsicht lohnt."

Auch eine Studie zur Berechnung des sogenannten ROP kommt zum Ergebnis, dass sich Investitionen finanziell doppelt auszahlen. Würden Sie das so bestätigen?

Polanz: "Ich bin der festen Überzeugung, dass ein gut geplanter Arbeitsschutz wenig bis gar keine Mehrkosten verursacht. Dabei ist natürlich enorm wichtig, dass an Arbeitsschutz wirklich von Anfang gedacht und dass er in jedem einzelnen Arbeitsschritt berücksichtigt wird. Ist das der Fall, dann können sich die Investitionen natürlich auch in betriebswirtschaftlicher Hinsicht auszahlen, denn Arbeitsschutz geht immer Hand in Hand mit Prozessoptimierung. So haben wir bei Spie die Arbeitsabläufe an vielen Stellen nicht nur sicherer, sondern eben auch effizienter gemacht – unter anderem durch eine ganze Reihe an Neuentwicklungen. Ein Beispiel ist die mobile Plattform Desk-Surfer, die die Munk Günzburger Steigtechnik für uns umgesetzt hat. Wir sind hier mit unserer Idee auf offene Ohren gestoßen und haben gemeinsam eine Lösung entwickelt, die das Unterfahren von Einbauten wie Schreibtischen ermöglicht und so einen sicheren Stand für die Plattform gewährleistet. Hier zeigt sich ganz klar: In der Praxis bedeutet die Umsetzung von Arbeitsschutzmaßnahmen oft auch eine deutliche Zeit- sowie Kostenersparnis."

Sie verstehen Arbeitsschutz also als Managementprozess – wie lassen sich die Vorteile dieser Vorgehensweise zusammenfassen?

Dr. Oliver Pol
Dr. Oliver Polanz ist seit 2013 Leiter Arbeits-, Gesundheits und Umweltschutz und seit 2017 zusätzlich Leiter für Qualitätsmanagement (HSEQ) bei SPIE Deutschland & Zentraleuropa. Dr. Polanz hat ein Chemiestudium absolviert und ist Lehrbeauftragter an der Westfälischen Hochschule Gelsenkirchen. Er ist als Technischer Aufsichtsbeamter, Sicherheitsfachkraft, Risikomanagementbeauftragter VdS/Verismo sowie Berater AMS BAU (Arbeitsschutzmanagementsystem BAU) qualifiziert. Darüber hinaus ist er Mitglied in der High Level Group der Organisation ETPIS European Technology Platform in Industrial Safety und BDA-Vertreter im Fachbereich PSA der DGUV. - (Bild: Martin Joppen/Munk Günzburger Steigtechnik)

Polanz: "Ein gut implementierter Arbeitsschutz wirkt sich auf alle Bereiche aus. Er erhöht die Sicherheit, die Effizienz sowie die Qualität der Arbeit und außerdem steigert er auch die Motivation der Beschäftigten – übrigens völlig unabhängig von der Größe eines Unternehmens. Um diese Effekte erzielen zu können, müssen die betrieblichen Prozesse von Anfang an gut durchdacht sein. Nur so werden Gefährdungen überhaupt erkannt und nur so können geeignete Maßnahmen ergriffen werden. Ganz wichtig ist, dass die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in diese Prozesse mit eingebunden werden. Ihr Vor-Ort-Know-How ist entscheidend für die gelungene Umsetzung von Arbeitsschutz."

Wie sieht denn eine ideale Umsetzung von Arbeitsschutz in der Praxis aus?

Polanz: "Die ideale Umsetzung von Arbeitsschutz hängt ganz entscheidend von der Kultur in einem Unternehmen ab. Wie bereits gesagt, kommt es darauf an, dass alle Beteiligten – Mitarbeitende, Führungskräfte, aber auch die Hersteller von Hilfsmitteln und Werkzeugen – ein gutes Verständnis von Arbeitssicherheit haben. Dieses wird durch verschiedenste Maßnahmen erreicht. Ein Muss sind für mich leicht verständliche Handlungsanweisungen, die optimal an die Zielgruppen angepasst sind. So erfahren die Kolleginnen und Kollegen vor Ort einfach und schnell, wie sie Arbeitsschutz in der Praxis umsetzen sollen. Nur so kann ihre PSA in Ihrem Team">Einstellung gegenüber Arbeitsschutz nachhaltig positiv beeinflusst werden. Dabei geht es übrigens nicht darum, ob die Vorgaben überhaupt umgesetzt werden – das ist bei uns selbstverständlich. Es muss vielmehr um das 'Wie' gehen."

Welche Rolle spielen hier Sicherheitsexperten wie Sie?

Polanz: "Die Schnittstelle liegt bei den sogenannten Gefährdungsbeurteilungen, die vom europäischen Recht gefordert und von den Führungskräften mithilfe der Arbeitsschutzexperten umgesetzt werden müssen. Leider werden sie oft als notwendiges Übel betrachtet. Das ist schade, denn ich sehe darin eher eine große Chance, individuelle Schutzmaßnahmen entwickeln zu können. Wir Sicherheitsexperten dürfen dabei meiner Meinung nach nicht als Kontrolleure auftreten, sondern eher als Berater für das Unternehmen. Dazu gehört, dass wir über unseren Tellerrand hinausblicken, ein Ohr für die Führungskräfte und die Themen im Unternehmen haben, aber genauso auch das Marktumfeld verstehen. Nur so kann eine Umsetzung von Arbeitsschutz auf Augenhöhe gelingen. Es ist unsere Aufgabe, neue technische Maßnahmen zu recherchieren und zu entwickeln, dafür arbeiten wir bei Spie zum Beispiel eng mit Behörden, Partnerunternehmen und Herstellern zusammen – wie eben auch bei der Entwicklung des Desk-Surfers."

Sicher über den Schreibtisch surfen: Das geht mit dem Desk-Surfer, den die Günzburger Steigtechnik für Spie entwickelt hat.
Sicher über den Schreibtisch surfen: Das geht mit dem Desk-Surfer, den die Günzburger Steigtechnik für Spie entwickelt hat. - (Bild: Martin Joppen/Munk Günzburger Steigtechnik)

Handlungsanweisungen und sichere Hilfsmittel hin oder her – am Ende muss der Arbeitsschutz gelebt werden. Wie motivieren Sie Ihre Belegschaft, die Maßnahmen wirklich umzusetzen? 

Polanz: "Wir müssen es den Kolleginnen und Kollegen so einfach wie möglich machen. Bei Spie verfolgen wir deshalb einen Ansatz, der sich stark am Marketing orientiert. Konkret bedeutet das: Unsere Vorgaben werden an die Zielgruppen angepasst, sie basieren auf den Begebenheiten vor Ort und werden in die Sprache unserer Mitarbeitenden übersetzt. Wir verzichten komplett auf Rechtsbezüge und halten die Handlungsanleitungen so kurz und prägnant wie möglich. Bei einigen Themen haben wir so schon Erfolge erzielt: Zum Beispiel arbeiten wir teilweise mit QR-Codes, die direkt an den Anlagen angebracht sind. Die Kolleginnen und Kollegen vor Ort werden über den Code zu einem Video geführt, das ihnen die effiziente und vor allem sichere Wartung Schritt für Schritt erklärt. Erfolgreich ist Arbeitsschutz dann, wenn er die Belegschaft auf allen Hierarchieebenen erreicht."

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