Rahmenverträge gelten auf beiden Seiten des Dienstleistungsgeschäftes als die ultima Ratio der Vereinbarungen. Das ist im Grunde richtig. Es gilt aber nur dann, wenn tatsächlich Mindestabnahmen vereinbart wurden oder die Preisnachlässe einen spürbaren Unterschied machen.
Die Berücksichtigung des Risikos ist bei der Bewertung der Instandhaltungskosten eine wichtige Grundlage. Desto mehr verwundert es, dass im Business Case dieser Aspekt häufig vernachlässigt wird. Insbesondere mit Blick auf das Risiko lässt sich der Fragehorizont auf sinnvolle Weise so ausweiten, dass damit beiden Seiten gedient ist. Mit der Abschätzung des Ausfallrisikos der Geräte und Anlagen und den damit verbundenen Kosten lassen sich nämlich Kosten und Leistung der Instandhaltung wesentlich verlässlicher abschätzen.
So sind etwa Transformatoren teure und entscheidende Betriebsmittel bei Energieversorgern. Ein Kernkraftwerk ist meist mit zwei Transformatoren und einem Ersatztransformator ausgestattet. Dieser wiegt bis zu 300 t und muss an Ort und Stelle gebracht werden, was Wochen und Monate dauern kann.
Die Hoffnung, dass der Einsatz des Ersatztransformators nur sehr selten erforderlich ist, trügt. Die Ereignisse der letzten Jahre sprechen eine klare Sprache: Transformatordefekt im AKW Brokdorf Juli 2011, Transformatorbrand in AKW Krümmel in 2007 oder Störung bei einem der zwei Maschinentransformatoren in 2009.
Da es sich dabei nicht um den nuklearen Teil des Kraftwerks handelte, bestand keine Pflicht zur Meldung oder zur ansonsten üblichen Dreifachausstattung. Abgeschaltet wurden die Kraftwerke aber dennoch, und die Kosten sind immens. Der Ausfall eines Transformators kostet für ein Kraftwerk, das je nach Größe zwischen 770 MW und 1400 MW produziert, bis zu eine halbe Million Euro am Tag; von den Nachfolgerisiken ganz zu schweigen. Aus betriebswirtschaftlicher Sicht nicht ist es ganz und gar nicht nachvollziehbar, dass die Anschaffung eines dritten Transformators vor Ort für lediglich 3-4 Mio. Euro gescheut wird.
Wird allerdings stets das schlimmste Szenario heraufbeschworen, so erscheint am Ende jede Anschaffung oder Instandhaltungsleistung günstig. Das kann aber nun doch nicht der nicht Zweck der Übung sein. Statt die minimalen Wahrscheinlichkeiten eines Transformatorausfalls gar nicht zu berücksichtigen oder auf der anderen Seite diese zu überschätzen, gilt es, sie in die Kosten-Nutzen-Analyse einzubeziehen. Das geschieht indem sie dort als Intervallschätzung der Eintrittswahrscheinlichkeit eines Ausfalls mit minimal 0,6 ‰, am wahrscheinlichsten 0,7 ‰ oder 0,8 ‰, angesetzt werden. Das sind ohne Frage geringe Werte. Sie bedeuten aber, dass eine solche Störung in der Realität eben doch auftreten kann.
Die Instandhaltung solcher Anlagen ist ebenfalls nicht zum Nulltarif zu bekommen. Während die Inspektion ohne Abstellen des Transformators und damit ohne Kostenausfälle des Betreibers durchgeführt werden kann, gilt das für die Wartung oder Instandsetzung nicht. Allerdings ist der für diese Arbeiten notwendige Aufwand mit der erreichten Verlängerung des Lebenszyklus und der Reduzierung des Ausfallrisikos ins Verhältnis zu setzen. Die zustandsorientierte Wartung bietet diesbezüglich die besten Chancen. Zeitorientierte Wartung kann auch Kosten ohne Nutzen bedeuten. Zustandsorientierte Wartung hingegen versucht, einen Umfang abzuarbeiten, der notwendig ist – aber eben nicht mehr.
Diagnoseverfahren wie etwa Öl-in-Gas-Analysen oder Online-Monitoring dienen dazu, den Zustand der Transformatoren möglichst genau zu erfassen. In der Praxis lässt sich nicht ganz das halten, was die Theorie verspricht, Das liegt daran, dass auch die Diagnoseverfahren keine eindeutigen Aussagen zulassen. Brauchbare Hinweise bieten sie aber allemal. Denn während die Einzelergebnisse der Analysen fehlerhaft sein können, erlaubt die Beobachtung von Trends verlässliche Aussagen. Hinzu kommt, dass eine Wartung auf Verdacht an einem Transformator mindestens zwei Tage Abschaltung bedeutet. Damit sorgt Condition Monitoring unter dem Strich fast immer für Einsparungen.
In einem Business Case wurden die Lebenszykluskosten eines Transformators in zwei Szenarien gegenübergestellt, nämlich der zustandsorientierten Wartung eines 20 Jahre alten Transformators durch einen externen Dienstleister und die Neuanschaffung eines Transformators. Die Einflussmap erfasst die Unsicherheiten, die für beide Szenarien relevant sind. Sie dient der vollständigen Erfassung eines Projekts unter Berücksichtigung nicht allein betriebswirtschaftlicher, sondern auch technischer Faktoren. Denn nur wenn beide sinnvoll ineinandergreifen, kann man verlässlichen Ergebnissen sprechen. Die in der Einflussmap erfasste Struktur prägt auch das Finanzmodell, das mit in Experteninterviews erhobenen Intervallschätzungen gefüllt wird. Das Risiko des Transformatorausfalls hat bereits die nicht zu vernachlässigende Bedeutung der Statistik gezeigt. Sie kommt auch im Business Case zur Anwendung, indem die errechneten Endergebnisse noch durch Simulationen statistisch validiert werden, sozusagen im betriebswirtschaftlichen Stresstest.
Weitere Informationen
Seminare zum Thema
Als Modul im Rahmen der Weiterbildung zum „Certified Maintenance Manager“ bietet der Management Circle das Intensiv-Seminar „Moderne Strategien der Instandhaltung“ an. Hier geht es um verschiedene Strategien, darunter auch um die risikobasierte Instandhaltung. Termine sind:
- 15. – 16.03.2012 Köln
- 10. – 11.05.2012 Frankfurt
- 19. – 20.04.2012 Stuttgart
- 11. – 12.10.2012 München
- 08. – 09.11.2012 Frankfurt
- 13. – 14.12.2012 Düsseldorf
Die TAW Technische Akademie Wuppertal bietet zudem am 22.05.2012 in Wuppertal ein Seminar an: „Risikobasierte Instandhaltung (RBM) – Instandhaltungsaufwand senken und Verfügbarkeit und Zuverlässigkeit der Produktionsanlagen weiter verbessern!“
www.managementcircle.de/moderneinstandhaltung
www.taw.de
Damit können die folgenden Ergebnisse als so gesichert gelten wie als es für Aussagen über 30 Jahre in die Zukunft überhaupt möglich ist: Während der wahrscheinlichste Wert des Endergebnisses für die Anschaffung eines neuen Transformators 8,04 Mio. Euro beträgt, liegt er für die zustandsorientierte Wartungslösung bei 6,94 Mio. Euro. Die Simulation zeigt die Bandbreite möglicher Ergebnisse für beide Szenarien im Vergleich. Sie schwanken zwischen 6,61 und 7,3 Mio. Euro und 7,71 und 8,48 Mio. Euro. Mit einem Business Case, der den gesamten Lebenszyklus eines Transformators betrachtet, lassen sich realistische und leistungsorientierte Aussagen zu den Kosten zustandsorientierter Wartung treffen.
Zum vollen Verständnis des ROI-Rechners ist es notwendig, seine Funktionsweisen zu verstehen. Senden Sie dem Autor eine Email-Nachricht – er führt Sie dann gern in die Thematik ein und stellt Ihnen ein eigenes Exemplar zur Verfügung.
Johannes Ritter
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