
Mit Predictive Services for Drive Systems stellt Siemens auf der Messe SPS 2019 in Nürnberg eine standardisierte Erweiterung zum lokalen Servicevertrag vor. Basis ist die neue Mindsphere-Applikation Predictive Service Assistance. - (Bild: Siemens)
Die Potenziale der Internet-of-Things (IoT)-Technologie im Bereich Predictive Maintenance macht eine von Microsoft im vergangenen Jahr initiierte Umfrage unter über 3.000 Entscheidungsträgern deutlich. Die Befragten gaben an, dass "vorausschauende Services" zu denjenigen Top-5-Benefits zählen, die bereits heute oder zukünftig durch IoT-Technologien ermöglicht werden. Tatsächlich hätten bereits ein Drittel der Industrieunternehmen IoT-Erfahrungen, betont Thomas Frahler. Der Business Lead IoT von Microsoft Deutschland verweist auch auf die IDG-Studie IoT 2020. Danach versprechen sich vor allem deutsche Firmen von Predictive Services eine besonders nachhaltige Kostenreduzierung und höhere Optimierungsgrade.
Auf der Messe SPS in Nürnberg hat Siemens mit Predictive Services for Drive Systems eine entsprechende Lösung zur effizienteren Instandhaltung von Sinamics Antriebssystemen bzw. Simotics Motoren im Niederspannungsbereich vorgestellt. Mit diesem auf der unternehmenseigenen IoT-Plattform Mindsphere basierendem Serviceangebot gehe man auf die operativen Herausforderungen von Maschinenanwendern ein, die nach voller Transparenz bei Ersatzteilen und Wartung verlangten, betont der Automatisierungsspezialist.
Basis der Cloud-Lösung ist die Mindsphere-Applikation Predictive Service Assistance. Die Implementierung des digitalen Servicepakets erfordert vor der Mindsphere-Anbindung zunächst eine Digitalisierungsberatung.
"Damit Kunden vom Mehrwert einer cloudbasierten Analysemöglichkeit von Antriebsdaten profitieren können, ist eine umfassende Datenaufnahme und -bewertung der Antriebstechnik mittels Digitalization Check nötig", erläutert Marko Herrmann, Mitarbeiter des Bereichs Customer Services von Siemens. Die standardisierte Datenaufnahme der Maschinen- und Anlagenausrüstung liefert laut Herrmann konkrete Handlungsempfehlungen zur Anbindung der Antriebssysteme an Mindsphere. Diese Vorgehensweise reduziere Projekthemmnisse und schaffe Transparenz hinsichtlich der Digitalisierungsfähigkeit der Antriebe, betont der Service-Experte.
Sind diese Vorarbeiten gemacht, ist die Applikation bereit für die Anbindung an die IoT-Plattform. Dazu werden die nötigen Connect Devices installiert, passend konfiguriert und in Betrieb genommen. Damit sind die Antriebe angebunden und "alle relevanten Antriebsdaten sind jederzeit und überall verfügbar", erklärt Herrmann.
Effizienz um bis zu 20 Prozent steigerbar
Nach den Angaben von Siemens lässt sich so die Wartungseffizienz bei Antrieben unter anderem über optimierte Wartungszyklen um bis zu 20 Prozent steigern. Hier wirkt sich auch eine schlanke und transparente Dokumentation aus, etwa über historische Wartungsaktivitäten. Der IT-Experte erläutert dazu: "Ein Digital Assistent unterstützt beim Ausfüllen der Dokumentation und speichert die Historie über alle Wartungstätigkeiten." Im Idealfall erhält das Servicepersonal diese Informationen via Logbuch, so Herrmann.
Zudem liefert die App neben Angaben zu empfohlenen und anstehenden Wartungsarbeiten auch detaillierte Informationen über Ersatzteile je nach Konfiguration des Antriebssystems. Laut Herrmann ist dies schnell gemacht: "Mit einem Klick sieht der Kunde alle verbauten Ersatzteile." Zwei Klicks mehr dauert es bis zur Nachbestellung: Asset anwählen, Spare Part in den Warenkorb legen.
Um Missverständnissen vorzubauen, stellt Herrmann klar, dass das neue IoT-Angebot keineswegs bestehende Wartungslösungen komplett ersetzt, sondern vielmehr den lokalen Servicevertrag ergänzt. Antriebe sieht er zudem als ideale Adressaten für solche Systeme. Da diese in der Regel autark arbeiten – sprich die Aggregate laufen ohne Betreiber als Nebenaggregate, etwa Lüfter in Produktionshallen oder Gebläse im Zementofen – sei bei kritischen Applikationen eine automatische Überwachung umso wichtiger.

Auf dem 12. Platz tummelt sich die 'Ebert Hera Esser Holding' aus Baden-Baden. Rund 1.300 Mitarbeiter sind dort beschäftigt und kümmern sich zum Beispiel um Anlagen in der Lebensmittel-, Chemie-, Pharma-, und Energiebranche. – (Bild: Ebert Hera Esser)

Die sogenannte 'Gesellschaft für Montage und Regeltechnik' (GMR) aus dem nordrhein-westfälischen Wesseling hat es mit 1.500 Mitarbeitern auf Platz 11 im Ranking geschafft. Das Unternehmen gehört zur Griesemann Gruppe und bietet Dienstleistungen rund um Anlagenbau und Instandhaltung. – (Bild: Pixabay/Tama66)

Mit 1.800 Mitarbeitern belegt 'Lobbe Industrieservice' aus Iserlohn den 10. Platz. Das Unternehmen kümmert sich nicht nur um Entsorgung und Havarie-Management, sondern auch um Themen wie Kanaldienstleistungen und Industrieservice. – (Bild: Lobbe)

Die Weber Unternehmensgruppe mit Stammsitz im nordrhein-westfälischen Pulheim ergattert mit 1.990 Mitarbeitern den 9. Platz im Ranking. Spezialisiert ist das Unternehmen auf Anlagen mit vielen Rohrleitungen, wie sie in der Prozessindustrie vorkommen. – (Bild: Pixabay/Herbst2512)

Seit 45 Jahren ist die S.I.S. Gruppe mit Sitz in Karlsfeld bei München spezialisiert auf technische Dienstleistungen wie Industrieinstandhaltung, Industriereinigung und Facility Management. An 22 Standorten mit 19 Niederlassungen in Deutschland und Österreich sind 2.200 Mitarbeiter im Einsatz. Das macht Platz 8 in unserem Ranking. - (Bild: S.I.S-Süd-Industrie-Anlagen-Service)

Mit 2.500 Kolleginnen und Kollegen im Jahr 2019 (davon ca. 2.200 in Deutschland) belegt die Münchner Robur Industry Service Group Platz 7 im Ranking. Damit hat die Gruppe seit ihrer Gründung 2015 einen steilen Aufstieg hingelegt. - (Bild: Robur)

Deutlich mehr, nämlich 14.000 Mitarbeiter, beschäftigt die 'Wisag Industrie Service Holding' aus Frankfurt am Main auf Platz 6 im Jahr 2018. Auf dem Foto zu sehen ist die sogenannte Produktionstechnische Instandhaltung, ein Angebot von Wisag. – (Bild: Wisag)

'Leadec Industrial Services' firmierte bis Februar 2017 noch als 'Voith Industrial Services Holding'. Das Unternehmen mit Stammsitz in Stuttgart beschäftigt rund 17.500 Mitarbeiter und liegt damit auf Platz 5 im Ranking. Leadec ist weltweit tätig. – (Bild: Leadec)

Die 'Piepenbrock Instandhaltung GmbH & Co. KG' aus Osnabrück macht keine Angaben zu ihrer Mitarbeiterzahl. Herauszufinden ist lediglich, dass beim Mutter-Konzern 'Piepenbrock-Gruppe' 28.000 Menschen beschäftigt sind. Im Ranking steht das Instandhaltungs-Unternehmen damit voraussichtlich auf Platz 4. – (Bild: Piepenbrock)

Bei Kaefer Isoliertechnik aus Bremen arbeiten rund 28.000 Menschen. Das reicht für Platz 3 im Ranking der größten Industriedienstleister Deutschlands. Neben Dienstleistungen für die Industrie bietet das Unternehmen auch Leistungen rund um den Schiffsausbau und den Bau und Ausbau von Gebäuden. – (Bild: Pixabay/emirkrasnic)

Bilfinger mit Stammsitz in Mannheim beschäftigt weltweit 35.905 Mitarbeiter. Das hat Platz 2 im Ranking zur Folge. Der Industriedienstleister ist auf die Branchen Petrochemie, Chemie, Pharma sowie Öl und Gas spezialisiert. – (Bild: Bilfinger)

Der größte Industriedienstleister Deutschlands heißt 'Remondis Maintenance & Services' und kommt aus Köln. 36.000 Menschen haben dort ihren Arbeitsplatz. Das Unternehmen ist in mehr als 30 Ländern vertreten und bietet seine Dienstleistungen rund um die Sektoren Recycling, Service und Wasser an. – (Bild: Pixabay/Anyusha)
Der Software-Konzern bietet mit Microsoft Azure einen Cloud-Dienst an, auf den Mindsphere ebenso zugreifen kann wie auf Amazon Web Services oder Alibaba. Der Verantwortliche für den IoT-Bereich von Microsoft Deutschland erläutert die Firmenstrategie so: "Wir verfolgen das Ziel, ein möglichst umfassendes Portfolio an verschiedensten Werkzeugen und Lösungen bereitzustellen, die es Unternehmen mit unterschiedlichen Reifegraden hinsichtlich technischer Expertise und IoT-Adaption erlauben, ihre digitale Transformation umzusetzen."

Auch beim ZVEI beobachtet man, dass die Digitale Transformation zunehmend die Predictive Services erfasst. Dies betrifft laut Stefanie Wiesner insbesondere diejenigen Industrieunternehmen, die unter steigendem Wettbewerbs- und Kostendruck schrittweise individuelle digitale Lösungen in allen Unternehmensteilen einführten.
"Anlagenbetreiber erwarten App-basierte, integrierte Kommunikationsschnittstellen, die die Interaktion von Mensch und Maschine bewerkstelligen", betont die Referentin im Fachverband Automation. Als besondere Herausforderung hat sie ausgemacht, auf Basis von Echtzeitdaten gezielte Maßnahmen zu ermitteln, um Maschinen und Anlagen proaktiv zu warten und instand zu setzen, bevor es zu signifikanten Qualitätseinbußen, Störungen oder Schäden kommt.
Antriebstechnik als hervorragender Sensor
Ähnlich wie Siemens erachtet man auch bei Lenze Antriebe als wesentliche Bestandteile einer Maschine, wenn es darum geht, moderne Service-Konzepte umzusetzen, insbesondere im Hinblick auf die Optimierung der Gesamtanlageneffektivität (OEE). Christian Bergner berichtet, dass sich die Antriebstechnik hervorragend als Sensor für den gesamten Antriebsstrang bis hinein in die Kinematik der Maschine nutzen lässt: "So können Anomalien identifiziert und sich anbahnende Fehler in Komponenten einer Maschine vorhergesagt werden", unterstreicht der Leiter Business Development bei Lenze Digital.

Der Automatisierungsspezialist hat mit Assets360 dazu einen modular skalierbaren Lösungsbaukasten entwickelt. Damit seien OEM in der Lage "maßgeschneiderte Lösungen für Wartung und Instandhaltung bis hin zum Online-Angebot für das Ersatzteilmanagement zu realisieren", berichtet Bergner. Auf der anderen Seite ist Assets360 ein modernes Service-Portal, das Endkunden dabei unterstützt, über die Bestandsaufnahme der Komponentenstruktur, ein digitales Ersatzteilmanagement sowohl für Lenze-Komponenten als auch für Bauteile anderer Hersteller aufzubauen. Weitere Module zur einfachen Erstellung von KPI Apps oder das Smart Condition Monitoring zielen auf die Optimierung der OEE.
Auf der SPS hat Lenze eine konkrete Anwendung auf der Basis von X4 Remote und Assets360 vorgestellt. "Mit X4 Remote lassen sich Maschinen an unsere X4 IoT-Plattform anbinden und eine Prozessdatenüberwachung in der Cloud durchführen", erläutert Bergner. Für die weitere Datenanalyse und Fehlerprädiktion kommt Assets360 zum Einsatz. Über einen Servo-Inverter als Sensor lassen sich laut dem Leiter der Geschäftsentwicklung konkrete Fehlerbilder wie die lose Spannung eines Antriebsriemens oder der einsetzende Defekt eines Lagers sehr frühzeitig erkennen und sicher einer Komponente als Fehlerursache zuordnen.
„Noch keine relevanten Künstlichen Intelligenzen“
Bei Baumüller sind derzeit keine auf IoT basierenden Predictive-Service-Lösungen im Einsatz. Andreas Ederer von Baumüller Services stellt sich hier die Frage, wer die Daten auswertet. Nach seinem Kenntnisstand sind im Bereich der Tiefendiagnose an Maschinen und Anlagen derzeit noch keine relevanten Künstlichen Intelligenzen oder Algorithmen verfügbar, die möglichst sicher einen bestimmten Defekt diagnostizieren könnten. "Erfasste Daten müssen in irgendeiner Art und Weise korreliert werden, sonst macht die Erfassung keinen Sinn", betont Ederer. Hier seien Systeme mit weitreichender Funktionalität gefordert und die Erfahrung von Analyse-Spezialisten, die die Messdaten interpretieren können.
Ederer hat auf der anderen Seite ausgemacht, dass Kunden aufgrund fehlender Mitarbeiter-Kapazitäten immer häufiger auf die Service-Konzepte des Nürnberger Automatisierungs- und Antriebsspezialisten zurückgreifen. Hierbei führt Baumüller Services einerseits die Analysen durch, und liefert andererseits Berichte mit Empfehlungen für die weitere Vorgehensweise. Mit entsprechenden Predictive-Maintenance-Angeboten könne man immer tiefer in die Maschinen hineinschauen und noch mehr Information erhalten. "Unser Spektrum erstreckt sich von optischen und elektrischen Prüfungen, über die Teilentladungsmessungen bis hin zur schwingungstechnischen Tiefenanalyse an Maschinen und Anlagen", berichtet Ederer.
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