Predictive Maintenance

Prognosen für die Standzeit von Ausüstungen beruhen auf Messungen und Berechnungen. (Bild: fotolia.com)

Gesellschaftliche und technische Veränderungen stoßen immer wieder neue Transformationen in Arbeitsprozessen an. Die Arbeitswelt erfährt unter dem Namen „Industrie 4.0“ in den letzten Jahren einen Transformationsprozess, der in Deutschland den Wandel der industriellen Produktion forciert. Industrie 4.0 hat aber auch Auswirkungen auf weitere Aspekte der Vernetzung von Systemen und deren Informationsaustausch. Die industrielle Instandhaltung wird sich ebenfalls verändern und die Potenziale der Digitalisierung werden nicht nur zu gravierenden Veränderungen der Produktion, sondern auch der Instandhaltung führen.

Im Forschungsprojekt SESI wurde eine zustandsprognose­orientierte Instandhaltung entwickelt und mit der Instandhaltungsplanung vernetzt. Die sensorielle Überwachung einer Anlage ist hier durch eine parallele Echtzeitsimulation des Prozesses ergänzt worden, um zusätzliche Informationen über den Zustand, die Belastung und die Restlebensdauer der instandhaltungsrelevanten Anlagenkomponenten zu erlangen. Optimale Anlagenzustände können in Abhängigkeit der produktionsbedingten Randbedingungen simuliert und mit realen Zustandsmesswerten verglichen werden. Die Echtzeitsimulationen basieren auf Modellen, die das elektrische oder mechanische Verhalten der Anlage abbilden. Thermische Modelle können ebenfalls zur zustandsprognoseorientierten Instandhaltung genutzt werden.

Dabei können verschiedene Daten der Anlage, die durch Sensoren nur schwer zu erfassen sind, durch die Simulation oder Signale der Anlagensteuerung ersetzt werden. Die Zustandsprognosen für die Instandhaltung sind aus den Abweichungen zwischen Simulation und Realität bestimmt worden, wobei die Bewertung anhand definierter Signalmerkmale und Klassen vorgenommen wurde. Die Trendanalyse ermöglicht Prognosen über die Veränderung des Maschinenzustands in der Zukunft.

Veranstaltung zum Thema: Instandhaltung auf der HMI

Auf der Hannover Messe International 2016 vom 25. bis 29. April wird es eine Sonderschau zu einem Instandhaltungs-Thema geben, das im Umfeld von Industrie 4.0 schnell an Bedeutung gewinnt: Die Predictive Maintenance.
Bauteile erst dann reparieren, wenn ein Störfall bereits eingetreten ist – das war gestern. Heute ermöglichen Sensortechnik und intelligente Datenanalyse eine vorausschauende Wartung von Produktionsmaschinen. Dank der digitalen Vernetzung und der Kommunikation der Maschinen, der Werkstücke und der Komponenten in der
Industrie 4.0-Umgebung können Betreiber von Maschinen und Anlagen Zustandsdaten von Maschinenkomponenten laufend erfassen, mit Informationen aus Drittsystemen (zum Beispiel ERP oder CRM) kombinieren und analysieren, um den optimalen Wartungszeitpunkt vorherzusagen.
Durch Predictive Maintenance, kurz PM, werden drohende Ausfälle frühzeitig erkannt, Prozesse beschleunigt und Produktionsstillstände vermieden – so die Erwartung.

Um automatisiert Aufträge an das Instandhaltungsplanungssystem zu übermitteln, ist ein lernfähiger, intelligenter Condition Analyzer entwickelt worden, der basierend auf einer Feedbackschleife vom Instandhaltungsplanungssystem und voreingestellten Schadensklassen den Anlagenzustand bewertet. Dazu werden Kennwerte gebildet, in diesem Falle paarweise Quotienten aus dem Root Mean Square Error (RMSE), dem globalen Maximum des jeweils gemessenen und simulierten Drehoments sowie der Drehzahl und die angeregten Frequenzen in Strom, gemessenem und simuliertem Drehmoment.

Der intelligente Condition Analyzer teilt diese Kennwerte durch den k-nächsten-Nachbar Algorithmus (kNN) in Schadensklassen ein. Dabei hilft ein Trainingsdatensatz (Historiendaten) mit Kennwerten und zugehöriger Klassifizierung, die durch die Simulation des elektromechanischen Modells berechneten Zustände zu bewerten und mithilfe der berechneten Kennwerte einer Schadensklasse zuzuordnen. Die Bewertung des kNN-Algorithmus basiert auf der Betrachtung der Wahrscheinlichkeitsdichtefunktion der k-nächsten-Nachbarn.

Dabei lernt der kNN-Algorithmus lediglich von Trainingsbeispielen, in diesem Fall den Historiendaten, auf die immer wieder zurückgegriffen wird und die durch Feedback aus der Instandhaltungsplanung jederzeit erweitert werden können. Die Trainingsdaten umfassen initial alle bekannten Schadenszustände mit den jeweiligen zu erwartenden Kennwerten.

Da nicht alle Schäden vorab bestimmt werden können, gibt es eine Schadensklasse „unbekannter Schaden“, der alle noch nicht betrachteten Schäden zugeordnet werden. Diese „unbekannten Schäden“ können dann durch das Feedback des Instandhalters manuell in eine Schadensklasse eingeteilt werden und damit die Trainigsdatensätze – die Anlagenhistorie – ergänzt werden. Der kNN-Algorithmus kann dann diesen Fehler bei wiederholtem Auftreten korrekt klassifizieren.
Christiane Küch, Dr. Ralph Baltes,
Prof. Dr.Karl Nienhaus – IMR, RWTH Aachen
Michael Kurz – FIR an der RWTH Aachen

Das IGF-Vorhaben 17650 N / 2 der Forschungsvereinigung Forschungsinstitut für Rationalisierung e. V. – FIR an der RWTH Aachen, Pontdriesch 14/16, 52062 Aachen, wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestages gefördert.

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