
Process Mining zur systematischen Optimierung von Instandhaltungsprozessen (Bild: Shutterstock)
Fachkräftemangel, immer komplexere und stärker vernetzte Anlagen, ebenso wie die Nachwirkungen der Pandemie - viele der heutigen Herausforderungen treiben die Notwendigkeit, die eigenen Prozesse in allen Unternehmensbereichen auf den Prüfstand zu stellen. Dies gilt ganz besonders für die effizienzgetriebenen und kostensensitiven technischen Dienste von Unternehmen und Behörden.
Trotz vielfältiger Unternehmensinitiativen im Rahmen einer digitalen Transformation werden Sekundärprozesse rund um Instandhaltung und technische Materialwirtschaft noch sehr zögerlich angefasst. Diese Handhabung führt jedoch dazu, dass Erfolge durch Digitalisierung und Optimierung in den primären Unternehmensbereichen, wie zum Beispiel Produktion und Qualitätsmanagement, nicht das gesamte Unternehmen durchziehen und Prozess- sowie Medienbrüche unentdeckt bleiben. Dies ist vor allem deshalb problematisch, da benötigte Fachkenntnisse und IT-Werkzeuge bereits erfolgreich in Unternehmen verfügbar sind und Digitalisierungsprojekte in der Instandhaltung von Anfang an unterstützt werden könnten.
Prozessqualität sicherstellen mit Process Mining
Ein gutes Beispiel für eine solche bislang unbekannte IT-Unterstützung ist das in der Unternehmensorganisation häufig genutzte Process Mining. Es extrahiert automatisiert Prozessdaten aus vorhandenen Unternehmenssystemen und macht sie für die betroffenen Geschäftseinheiten sichtbar. Das Ergebnis ist eine kontinuierliche, visuell leicht verständliche Darstellung von Ende-zu-Ende-Prozesslandkarten.
Weniger bekannt ist dieses wertvolle Analyseinstrument im Umfeld der Instandhaltung. Hier werden in unternehmensweiten Instandhaltungs- und Enterprise-Asset-Management-Systemen, zum Beispiel IBM Maximo oder IBM ControlDesk, besonders viele gleichartige und sich wiederholende Prozesse geplant, eingesteuert und überwacht. Process Mining kann hier das Instandhaltungs-Controlling durch den systematischen Abgleich von Sollprozessen mit tatsächlich ausgeführten Prozessabläufen unterstützen. Hierbei kommt den operativen Rückmeldedaten aus Aufträgen und Einzelaufgaben über Zeitstempel und Statusmeldungen eine elementare Bedeutung zu.
Process Mining befähigt die Instandhaltungsleitung, systemische Schwachstellen bei Standard-Prozessen zu erkennen und zu untersuchen. In einer Ende-zu-Ende-Betrachtung werden Anomalien im Prozessablauf systemübergreifend erkannt, ungeplante Prozessumgehungen oder unvorhergesehen lange Prozessunterbrechungen sichtbar gemacht und eine Ursachenanalyse bis auf einzelne Transaktionen herunter ermöglicht.
Wofür wird Process Mining verwendet?
Viele Unternehmen nutzen IT-Systeme, um ihre Geschäftsprozesse zu unterstützen. So sammeln sie große Mengen an Daten, die allerdings häufig ungenutzt liegen bleiben. Process Mining nutzt diese Daten, visualisiert sie und liefert so wertvolle Informationen zu Prozessabläufen. Es eröffnet damit neue Perspektiven auch komplexe Prozesse Ende-zu-Ende und über mehrere Anwendungen hinweg zu untersuchen, Transparenz in Abläufe zu bringen und Prozessbrüche aufzudecken.
Process Mining ist ein effizientes Mittel, um einen Einblick in reale Unternehmensprozesse zu erhalten und diese basierend auf den gewonnenen Erkenntnissen zu optimieren.
Es gibt zahlreiche Aktivitäten im Rahmen von Werksinstandhaltung, Facility Management oder der extern orientierten Service-Erbringung, bei denen eine Qualitätsüberwachung über Prozesse sinnvoll ist. Das übergeordnete Ziel ist hier die Erkennung und die auditfähige Protokollierung von Prozess-Defiziten sowie der Nachweis über die Einhaltung vertraglicher Vereinbarungen, zum Beispiel Service Level Agreements (SLAs) oder behördliche Auflagen. Darüber hinaus sind weiterhin viele Prozesse über unterschiedliche und teils schwer vernetzbare Silo-Systeme hinweg organisiert. Aus dieser Situation heraus folgen zusätzliche Verzögerungen durch papier- und tabellengestützte Abläufe. Viele der wesentlichen Einflussfaktoren auf diese Verzögerungen, zum Beispiel manuelle Interaktionen, zusätzliche Warte- und Reaktionszeiten, verzögerte oder liegengebliebene Genehmigungen und telefonische Eskalationen sind allerdings wenig transparent. Eine Betrachtung mittels Process Mining kann diese Schwachstellen ans Licht bringen und so den Weg zu ihrer Beseitigung frei machen.
Während viele Prozessinformationen bereits sehr gut über Reporting und einfache Terminüberwachung aus Instandhaltungs-Management-Tools gezogen werden können, kann Process Mining seine wirklichen Stärken im Umfeld der lösungs- und bereichsübergreifenden Prozesse ausspielen. Es bietet die Möglichkeit, auch die umliegenden Systeme (zum Beispiel Ticketing oder ERP-basierte Einkaufsprozesse) über Standard-Integratoren in eine echte Ende-zu-Ende-Betrachtung miteinzubeziehen.
Startpunkt für Process-Mining-Ansätze in der Instandhaltung: Das Prozess-Assessment

Der Startpunkt für jedes Process Mining ist ein Prozess-Assessment innerhalb der Enterprise-Asset-Management-Lösungen. Dazu wird lediglich ein Process-Mining-Tool, wie zum Beispiel IBM Process Mining, benötigt. In der Analyse der Prozesse beginnt man mit bekannten, im Enterprise Asset Management (EAM)-System hinterlegten und sich wiederholenden Standardprozessen. Beispiele dafür sind das Zeit- sowie SLA-getriebene Störungs-Management, die Compliance-relevante Wartung und Inspektion oder die kosten- bzw. terminsensitive Ersatzteilbeschaffung für Instandhaltungsaktivitäten.
Die entstehende Prozesslandkarte spannt eine Ende-zu-Ende-Übersicht auf, welche die unterschiedlichen Prozesswege samt Verzweigungen für gleichartige Abläufe im EAM verdichtet dargestellt. Die Prozessvisualisierung zeigt sowohl die Anzahl der korrekten Prozessabläufe als auch die der identifizierten Prozessumgehungen oder Prozessbrüche auf. Die Prozessdarstellung bietet zudem Drill-Down-Möglichkeiten bis in den Detailprozess, die den originären Datensatz im EAM-System widerspiegelt. Durch die Kombination aus EAM-Lösungen und den Analysemöglichkeiten des Process Mining werden Prozessanomalien in der Instandhaltung ersichtlich. Zudem wird auf einen Blick deutlich, ob es sich bei diesen Abweichungen um Einzelfälle oder wiederkehrende systemische Defizite handelt.
Wird eine Process Mining Lösung in der Instandhaltung eingesetzt, ist eine direkte Verbindung zum Instandhaltungssystem sinnvoll. So können einzelne Datensätze unmittelbar aus der Prozesslandkarte heraus im EAM-Tool geöffnet bzw. komplette Ergebnismengen von Prozessanomalien in eine Detailübersicht überführt werden.
Was zeichnet Enterprise Asset Management aus?
Ein ganzheitliches Enterprise Asset Management (EAM) umfasst sämtliche Leistungen, die im Rahmen des Betriebs und der Instandhaltung physischer Assets im gesamten Lebenszyklus anfallen. Es fördert eine höhere Anlagenverfügbarkeit und trägt zu einer verbesserten Planbarkeit bei. So optimiert EAM nicht nur die Effizienz der physischen Assets, sondern unterstützt durch eine effizientere Verwaltung und schlankere Beschaffungsprozesse auch bei der Kostensenkung in der Material- und Ersatzteilwirtschaft.
Die hohe Kunst des Process Mining: Die Integration des EAM-Umsystems in die Analyse
Nachdem erste Erkenntnisse des Process Mining zu Prozessen innerhalb eines EAM-Systems vorliegen, sollte auch das prozessrelevante Umfeld mit in die Betrachtung einbezogen werden. Häufig liegen Prozessrisiken nicht ausschließlich im EAM-Umfeld, sondern finden sich in vor- und nachgelagerten Bereichen. Process Mining bietet Indikatoren für die Identifikation einer Schnittstellen- und Kommunikationsproblematik, unabhängig davon, ob diese datentechnische, organisatorische oder personelle Ursachen hat. Die erweiterte Analyse macht so systemische Defizite in unternehmensübergreifenden Prozessen deutlich. Auf dieser Grundlage ist ein Gegensteuern im Einzelfall ebenso möglich, wie ein grundsätzliches Re-Engineering der gesamten Prozesskette.
Wirksame Optimierung: Der kontinuierliche Verbesserungsprozess
Process Mining ermöglicht mehr als nur Einzelfall-Analysen der Prozesslandschaft. Ein permanentes Monitoring ausgewählter, unternehmenskritischer Prozesse eröffnet der Instandhaltungsleitung ganz neue Möglichkeiten, Prozesse dynamisch im Rahmen eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses zu optimieren. Infolgedessen kann sie nicht nur schneller auf auftretende Schwierigkeiten in den Instandhaltungsprozessen, sondern auch auf Veränderungen in Fertigungsverfahren und Märkten reagieren.
Process Mining in der Instandhaltung: Anregungen aus der Praxis
Am Beispiel der drei gängigsten Instandhaltungsstrategien zeigen wir nun in aller Kürze auf, wie das Process Mining Transparenz in stark fragmentierte Unternehmensprozesse und Silosysteme bringen kann, um zum Beispiel den aktuellen Stand der Prozesseinhaltung zu verfolgen oder Hinweise zur Prozessoptimierung zu geben:
Reaktive Instandhaltung - Ticketing, Alarm-Management und Störungsbehebung
In der reaktiven Instandhaltung spielen zeitliche Faktoren und vertragliche Vereinbarungen, zum Beispiel bei Reaktions- und Behebungszeiten, eine wesentliche Rolle. In der Praxis finden sich sehr unterschiedliche IT-Lösungen, die hier unterstützen sollen. Es sind sowohl zentrale als auch dezentrale Help-Desk- und Ticketing-Lösungen im Einsatz, aber auch zentrale Alarmmanagement-Systeme sowie abteilungsspezifische Instandhaltungs- und Service-Management-Anwendungen. Process Mining stellt das verbindende Element zwischen den Einzelsystemen und deren Teilprozessen dar, ermöglicht eine Gesamtbetrachtung aller Transaktionen und Statusmeldungen im Entstörungsprozess und bietet so eine ganzheitliche Visualisierung.
Präventive Instandhaltung - wiederkehrende Wartung und Inspektion
Das wesentliche Kennzeichen der häufig sehr statischen präventiven Instandhaltung ist ihre Planbarkeit aufgrund vordefinierter Termine, vorbestimmter Abläufe und Aufgaben sowie der für Wartungsarbeiten erforderlichen personellen und materiellen Ressourcen. In diesem Fall ist die Instandhaltung besonders abhängig von einer funktionierenden Materialwirtschaft sowie von reibungslosen Prozessen im technischen Einkauf. Mit Process Mining lassen sich alle Transaktionen und Statusmeldungen für die kritischen Aufgaben im Wartungs- und Inspektionsprozess sowie alle Transaktionen in der Beschaffung, die mit vorplanbaren Aktivitäten zusammenhängen, aufzeigen. So besteht jederzeit die notwendige Transparenz und Planbarkeit, die für die präventive Instandhaltung essenziell ist.
Korrektive Instandhaltung - Reparaturen, Modernisierung, technische Change-Prozesse
Die korrektive Instandhaltung ist größtenteils sehr gut planbar. Dies gilt für die anfallenden Aufgaben ebenso wie für die Ressourcenplanung und -bereitstellung. Der Unterschied zu den Prozessanforderungen der präventiven Instandhaltung ist daher zunächst gering.
In vielen anlagenintensiven und risikosensitiven Industrien, zum Beispiel der Petrochemie oder der Pharmabranche, gibt es darüber hinaus zusätzlich dezidierte technische und prozessuale Change-Management-Prozesse (zum Beispiel CAPA) sowie sicherheitsrelevante Freigabeprozesse (LogOut / TagOut bzw. Freischaltung). Diese werden häufig in eigenen Systemen abgebildet, da Standard-EAM-Lösungen für gewöhnlich nicht jeden erforderlichen Detailprozess abbilden können. Besonders im Umfeld von sicherheits- oder compliance-relevanten Verfahren kann Process Mining durch Prozesstransparenz unterstützen. Es zeigt die Transaktionen und Statusmeldungen für sämtliche kritischen Aufgaben in Reparatur- und Change-Management-Prozessen an, die im Rahmen von Qualitäts- oder Compliance-Audits benötigt werden.
Process Mining in der Instandhaltung - ein guter Fit!
Process Mining bringt durch die systematische Analyse der gelebten Prozesse die notwendige Transparenz in Unternehmen. Daher ist es den Verantwortlichen in der Instandhaltung ein wertvolles Werkzeug für eine Reihe von Optimierungsaktivitäten:
- Process Mining fördert eine faktengestützte digitale Transformation im Instandhaltungs- und Service-Management durch stets aktuelle Prozessinformationen.
- Es bietet eine kontinuierliche Überwachung der kritischen Prozesse und zeigt so Ineffizienzen und Anomalien auf.
- Mittels Process Mining können Verbesserungs- und Automatisierungsmöglichkeiten identifiziert werden, durch die Effizienz und Qualität der Prozesse im EAM und dessen Umsystemen optimiert werden können.
- Es ermöglicht die Umsetzung sofortiger Maßnahmen im EAM durch automatisierbare Workflows und Eskalationsverfahren, wenn kritische Prozessprobleme identifiziert werden.
Herausforderungen halten Sie nur so lange auf, bis Sie die richtige Lösung gefunden haben, um sie zu überwinden. Begegnen Sie komplexen Prozessen, indem Sie dort optimieren, wo es in Ihren Abläufen hakt - sichtbar dargestellt durch systematisches Process Mining.
SVA System Vertrieb Alexander GmbH
Die SVA System Vertrieb Alexander GmbH ist einer der führenden deutschen System-Integratoren. Das Unternehmen mit Hauptsitz in Wiesbaden wurde 1997 gegründet und beschäftigt heute mehr als 2.500 Mitarbeiter an 26 Standorten in Deutschland. Das unternehmerische Ziel der SVA ist es, hochwertige IT-Produkte der jeweiligen Hersteller mit dem Projekt-Know-how und der Flexibilität von SVA zu verknüpfen, um so optimale Lösungen für die Kunden zu erzielen.
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