Das Zusammenspiel von Künstlicher Intelligenz und Software ist für die Instandhaltung hilfreich.

Das Zusammenspiel von Künstlicher Intelligenz und Software ist für die Instandhaltung hilfreich. - (Bild: Körber Digital)

Extremer Zeitdruck ist für jeden Instandhaltungsleiter ein fast schon selbstverständlicher Teil des Arbeitsalltags – und das vor allem, wenn Anlagen still stehen. Sofort verschlechtern sich die Key Performance Indicators (KPI) der Produktion und Lieferfristen geraten in Gefahr.

Bei großen Unternehmen ist das der Alltag: Immer wieder kontaktieren verschiedene Bediener über den Tag hinweg den Einsatzleiter der Instandhaltung und beschreiben ihr Problem. Anschließend versucht der Einsatzleiter, einen Servicetechniker per Telefon zu erreichen (was nicht immer gelingt). Außerdem muss er bei parallel vorliegenden Problemen entscheiden, welche Aufgabe mit Priorität angegangen wird.

Dazu kommt: Die Produktionslinien werden immer komplexer und heterogener. Folglich wird es schwieriger, für die Instandhalter den Fehler direkt zu identifizieren und an der großen Linie zu finden: Ist eine wichtige Maschinenkomponente beschädigt, liegt ein undurchsichtiges Softwareproblem vor oder sind lediglich die Materialzuflüsse oder Sensoren verschmutzt? Häufig helfen nur Tests und Versuche weiter. Die gesamte Kommunikation läuft in vielen Unternehmen nach wie vor per Telefon ab. Das kostet sehr viel Zeit und somit Geld.

Instandhaltungsprozesse systematisieren – KPIs verbessern

Insgesamt wird das schnelle "Trouble Shooting" also zu einer Herkulesaufgabe und zugleich zum "Flaschenhals" in der weitgehend verketteten Produktion – schließlich beeinflussen langwierige Maschinenstillstände zahlreiche vor- und nachgelagerten Prozesse und verschlechtern die KPIs massiv.

Folglich stellt sich in der zunehmend digitalisierten Fertigung mehr denn je die Frage: Wie lassen sich Instandhaltungsprozesse weitgehend systematisieren und somit zielgerichteter beziehungsweise schneller ausführen?

"Diese Frage definierte von Anfang an unsere Entwicklungsaufgabe", erklärt Felix Raab von Körber Digital mit Sitz in Karlsruhe und Berlin. Das jüngste Geschäftsfeld des internationalen Konzerns entwickelt innovative Geschäftsmodelle sowie Produkte und Services für die Industrie 4.0.

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Aktuell haben sich die Spezialisten nicht ohne Grund der Instandhaltung angenommen, wie Raab betont: "Es ist ja keine Frage, dass smarte Produktionssysteme den industriellen Service massiv verändern werden. Zumeist ist in diesem Kontext von der ‚vorausschauenden Wartung‘ als Leuchtturmprojekt die Rede. Damit beschäftigen wir uns natürlich auch. Gleichzeitig stellt sich aber die Frage, wie sich andere Themenbereiche der Instandhaltung wie zum Beispiel das Trouble Shooting verändern müssen. Im Rahmen der Data Science bieten sich hier überragende Möglichkeiten – von einer automatisierten Klassifizierung der Maschinenfehler per Künstlicher Intelligenz über die Analyse der Instandhaltungshistorie einer Maschine bis zur Etablierung einer Datenbank mit dem gesamten Instandhaltungs-Wissen eines Unternehmens. Deshalb haben wir die Entwicklung unseres digitalen Entscheidungscenters sehr umfassend geplant und diese Arbeitsfelder komplett miteinbezogen."

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Kommunikationsplattform für die schnelle Störfalllösung

Vor diesem Hintergrund wird auch deutlich, warum sich diese Software- und -Systemlösung von Körber Digital keineswegs nur an Instandhaltungsleiter richtet. Vielmehr stehen je nach Aufgabe unterschiedliche Funktionen im Fokus, denn die Software ist eine Art von intelligenter Kommunikations- und Informationsplattform für alle Beteiligten. Der Kommunikationsprozess im Servicefall verläuft dabei in klaren Bahnen:

  • Der Maschinenbediener (oder Servicemitarbeiter) erfasst und klassifiziert jedes Problem mit einem sogenannten Ticket – und das mit minimalem Aufwand, weil die Eingabe einfach, strukturiert und teilweise automatisiert erfolgt. Alternativ wird das Ticket automatisch auf der Grundlage von Signalen aus der Maschine erstellt. Mit der Zeit lernt das System hinzu, erkennt wiederkehrende Probleme von selbst und macht Vorschläge, welche Maßnahmen vom passenden Ansprechpartner durchgeführt werden sollten.
  • Der Instandsetzungsmitarbeiter bekommt anschließend das jeweilige Ticket zugewiesen – und zwar mit weiterführenden Informationen, die das System selbstständig aus seinem wachsenden Kontextwissen heraus generiert. Darüber hinaus prüft das System die Verfügbarkeit der Instandsetzungsmitarbeiter, um jederzeit dynamisch Aufgaben an "freie" Experten koordinieren zu können.
  • Der Einsatzleiter hat jederzeit Zugriff auf das gesamte System, kann dabei überblicken, welche Störfälle vorliegen und aktuelle Wartungsereignisse überprüfen. 

Diese "Starter-Version" der Software funktioniert auch ohne direkte Maschinenanbindung und kann somit in praktisch jedem Unternehmen ohne großen Implementierungsaufwand zum Einsatz kommen. Darüber hinaus haben die Spezialisten für das Industrial Internet of things (IIoT) noch einen weiteren wirkungsmächtigen Pfeil im Köcher: den Einsatz einer Künstlichen Intelligenz (KI), die Stillstands-Ursachen in Sekundenschnelle automatisch bestimmt. Fällt die Maschine aus, bekommen die Instandhaltungs-Verantwortlichen also direkt einen Vorschlag dazu, was für ein Problem vorliegt sowie welche Ersatzteile und Werkzeuge nötig sind, um den Fehler wieder zu beheben. Eine langwierige Informationsbeschaffung entfällt.

Technische Grundlage ist hier eine Anbindung der Maschine an die KI. Zu Beginn werden die Maschinendaten inklusive der aufzeichneten Stillstands-Ereignisse in sogenannte Segmente aufgeteilt und dann jeweils durch einen Servicetechniker mit einem Label versehen, mit dem er die zuvor ermittelte Stillstands-Ursache beschreibt.

Auf diese Weise lernt die KI. Mit der Zeit ist sie dann in der Lage, die Fehler anhand des Daten-Szenarios selbst zu erkennen. Und: Im Laufe der Zeit wird die KI immer besser, denn richtige Aussagen werden per Eingabe durch den Bediener oder einen Instandhaltungsmitarbeiter bestätigt und falsche Aussagen korrigiert. "Interessanterweise ist die Entwicklung einer solchen KI-Lösung weitaus weniger aufwändig, wie man allgemein annimmt", erklärt Felix Raab. "Einerseits nehmen unsere Experten kontinuierlich eine Interpretation der Daten vor. Andererseits arbeiten wir sehr eng, agil und transparent mit den Kunden zusammen." 

Instandhaltungswissen konservieren und Wartungsintervalle absichern

Grundsätzlich hat Körber mit dieser Lösung aber weitaus mehr als nur ein perfektioniertes Störfallmanagement im Sinn. Ein weiteres Ziel ist es, das gesammelte Instandhaltungswissen eines Unternehmens in einer Datenbank zu versammeln sowie umfangreiche digitale Lebensakten zu den Maschinen zu etablieren. Dabei ist zunächst interessant, dass gerade in der Instandhaltung das sogenannte "subjektivierende Arbeitshandeln" unverzichtbar ist.

Felix Raab
Felix Raab - (Bild: Körber Digital)

Mit dem Begriff verbinden Soziologen eine Kombination aus theoretischem Know-how, praktischem Erfahrungswissen und situativem Vorgehen. Häufig spricht man in diesem Zusammenhang von "Maschinenflüstern", die improvisieren und stillstehende Maschine so wieder zum Laufen bringen. Allerdings ist die Produktion in (zu) hohem Maß von diesen Experten abhängig, denn ihr Know-how und ihre Methoden werden nirgendwo dokumentiert und verschwinden mit dem Ausscheiden des Mitarbeiters aus dem Unternehmen. Was passiert, wenn sie in den Ruhestand gehen?

Angesichts eines schnell voranschreitenden demographischen Wandels, unter dem die Belegschaften durchschnittlich immer älter werden, verschärft sich dieses Problem. Unternehmen müssen also mehr denn je sicherstellen, dass der Wissenstransfer zwischen älteren sowie jüngeren Mitarbeitern reibungslos funktioniert.

"Unsere Lösung bietet dafür eine ideale Grundlage", betont Raab. "Mit der Zeit versammelt sich hier das gesammelte Instandhaltungswissen in einer Datenbank, weil jeder Serviceprozess detailliert erfasst wird."

Dabei entsteht für die Mitarbeiter nur ein geringer Aufwand, weil das System die Eingaben mit Masken vordefiniert und so eine einheitliche Struktur und verständliche Form garantiert – was übrigens auch die laufende Dokumentation von neuem Wissen vereinfacht und zugleich sicherstellt, dass die Wartungen ordnungsgemäß verlaufen und keine Wartungsintervalle vergessen werden. Grundsätzlich steht dieses Wissen im Problemfall zielgenau den Beteiligten zur Verfügung, weil das System mit jedem Problem hinzulernt und aus den vorliegenden Informationen heraus selbstständig Wissen zuspielt.

Ähnlich relevant für die Instandhaltung 4.0 ist nicht zuletzt die Idee einer digitalen Lebensakte für jede Maschine, die mit Etablierung dieser Lösung quasi nebenher entsteht – eine Aufgabe, die Körber Digital bei der Entwicklung von Anfang mit im Blick hatte: Einsatzberichte über Wartungen und Störfälle sowie administrative Unterlagen wie Bedienungsanleitungen von Maschinen, Schaltpläne, Stückliste oder 3D-Modelle lassen sich in der Datenbank ablegen, systematisieren und strukturieren. Das langwierige Suchen von Anleitungen und Dokumentationen entfällt. Instandhalter können sehr effizient alle Informationen zur Fehlerbehebung oder Infos zur Aufgabenvorbereitung abrufen. Dazu kommt aber noch etwas Grundsätzliches: Die gezielte Datennutzung generiert neues Wissen und somit neue Werte im Unternehmen.

Mit Hilfe der Daten lassen sich neue Geschäftsmodelle entwickeln oder der Ressourceneinsatz umfassender planen – was auch für diese Systemlösung von Körber zutrifft, denn die Datenbank lässt sich nutzen, um zum Beispiel Instandhaltungsprozesse übergreifend zu verbessern oder sogar weitreichende Investitionsentscheidungen zu treffen. Felix Raab erklärt den Hintergrund so: "Es entsteht sukzessive ein ganzheitliches Bild der Maschine und den Serviceprozessen, die sie im Laufe der Jahre durchläuft. Man kann zum Beispiel erkennen, welche Probleme sich in einem bestimmten Produktionsumfeld häufen und daraus Handlungsempfehlungen ableiten sowie Investitionsentscheidungen treffen."

Bleibt am Ende die wichtige Frage nach den wirtschaftlichen Potentialen dieser Lösung von Körber Digital: Welche Effekte zeigen sich in der Instandhaltung und wie wirken sich diese Effekte auf die gesamte Produktionsumgebung aus?

An dieser Stelle muss man sich zunächst in Erinnerung rufen, dass die Informationsbeschaffung zu Maschinen und Prozessen bislang einen sehr großen Anteil der Arbeit des Instandhalters ausmacht (laut einer Studie bei einem deutschen Automobilhersteller immerhin 25 Prozent der täglichen Arbeitszeit), was einer schnellen Problemlösung im Weg steht.

"Deshalb war es unsere herausragende Zielsetzung bei der Entwicklung, dass Anwender mit dieser Lösung sehr viel Zeit einsparen und sich der gesamte Instandhaltungsprozess massiv verkürzen lässt. Das ist unser Anspruch", so Raab. "In Branchen mit komplexen Prozessen und häufigen Stillständen verbessert sich auf diese Weise die gesamte Produktivität sehr deutlich."

Körber Digital

3 Fragen an Felix Raab, Product Owner bei Körber Digital

1. Welche Unternehmen können diese Lösung einsetzen?

Felix Raab: "Letztlich ist diese Software- und -Systemlösung für alle Unternehmen mit einer kontinuierlichen Produktion geeignet. Die Elektronik-Fertigung, Papier-, Tissue- und Glasproduktion sowie die Lebensmittelherstellung und die Prozessindustrie stehen aktuell besonders in unserem Fokus. Darüber hinaus haben wir sehr stark darauf geachtet, dass alle Beteiligten im Unternehmen profitieren – vom Bediener über den Techniker bis zum Einsatzleiter. Sie bekommen die benötigten Informationen, erfassen ihr Wissen umfassend und kommunizieren viel schneller miteinander." 

2.  Was kostet die Lösung und wie aufwändig ist die Implementierung?

Raab: "Die Starter-Version kostet in der einfachsten Variante unter 100 Euro im Monat pro Nutzer. Die Kunden können dieses System also risikolos im kleinen Rahmen testen und dann auf Wunsch ausbauen. Außerdem ist die Implementierung dieser Starter-Version völlig unaufwändig. Darüber hinaus setzen wir auf sehr schlanken Data-Science-Prozesse, wenn eine KI zur Identifizierung von Stillstands-Ursachen zum Einsatz kommen soll." 

3. Was unterscheidet Ihre Lösung von ähnlichen Angeboten im Markt?

Raab: "Wir haben die Aufgabe sehr umfassend analysiert und bieten ein ganzheitliches Gesamtpakt zur Steuerung der Kommunikationsprozesse im Störfall, Nutzung von KI für die Störfall-Erkennung und Etablierung eines umfassenden Wissensportals rund um die Instandhaltung. Vor diesem Hintergrund eröffnet diese Industrie-4.0-Software tatsächlich riesige Möglichkeiten und ist zugleich so etwas wie ein sehr einfacher Einstieg in die Data Science im Bereich der Instandhaltungsbereich. Diese „Ganzheitlichkeit“ ist das Alleinstellungsmerkmal unserer Software."

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