Technische Störungen und Ausfälle durch Leckagen, Risse oder Korrosion sind für Betreiber von Anlagen, Druckgeräten und Maschinen ein ernsthaftes Risiko. Die Schallemissionsprüfung Sensoren setzt">ist ein zerstörungsfreies Prüfverfahren, das drohende Probleme und Schäden an Bauteilen frühzeitig und zuverlässig erkennt – noch bevor sie kritisch werden.
Eine Schallemissionsprüfung (abgekürzt SEP, englisch: Acoustic Emission Testing, AET beziehungsweise AT) nutzt den physikalischen Effekt, dass Werkstoffe unter Beanspruchung hochfrequente Schallwellen aussenden. Diese ähneln dem Frequenzspektrum rufender Fledermäuse und liegen damit weit oberhalb des menschlichen Hörvermögens. Sensoren, die am Bauteil außen angebracht werden, erfassen die Schallwellen und führen diese einem Auswertesystem zu.
Anhand der ermittelten Daten können Veränderungen im Gefüge zuverlässig erkannt werden, bevor ein kritischer Zustand eintritt. Die Qualität der Prüfaussage einer SEP kann somit erheblich über der Aussage von traditionellen Sicht- oder Druckprüfungen liegen. Und Betreiber können zusätzlich profitieren, weil die erhaltene Datenbasis die Planung von Instandhaltungsmaßnahmen viel effizienter macht.
Ersatzprüfungen sind zulässig
Gemäß der Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) müssen Druckbehälter, Rohrleitungen und weitere drucktragende Anlagenbauteile wiederkehrend geprüft werden. Dabei rücken unter anderem die Dichtigkeit, mögliche Rissbildungen und/oder Korrosionsfortschritte in den Fokus. Die traditionelle Vorgehensweise besteht aus der inneren Prüfung mit einer Innenbesichtigung des Druckgeräts.
Diese Art der Kontrolle ist aber prinzipbedingt zeit- und kostenintensiv, da zum Beispiel ein Druckbehälter zuvor entleert und gesäubert werden muss. Zusätzlich ins Gewicht fallen die dafür notwendigen Maßnahmen beim Arbeits- und Umweltschutz, aber auch die Umsatzverluste durch den Produktionsstillstand, weil die Anlage heruntergefahren werden muss.
Seit Inkrafttreten der novellierten BetrSichV am 1. Juni 2015 dürfen Betreiber bei wiederkehrenden Prüfungen an Druckgeräten auf alternative Prüfmethoden zurückgreifen. Dazu zählt unter anderen auch die Schallemissionsprüfung als Zerstörungsfreies Prüfverfahren (ZfP).
Voraussetzung für diese Art der Prüfung ist ein von einer Zugelassenen Überwachungsstelle (ZÜS) bestätigtes Prüfkonzept, das bezogen auf die Anlagensicherheit gleichwertige Aussagen liefert wie die traditionellen Prüfungen. Auf Grundlage eines solchen Prüfkonzepts können Anlagenkomponenten mit ZfP geprüft werden, ohne dass sie dafür außer Betrieb zu setzen sind.
SEP: Wichtige Standards und Normen
Bei Schallemissionsprüfungen (SEP) an Druckgeräten sind bestimmte nationale oder europäische Standards einzuhalten. Das allgemeine Vorgehen beschreibt die DIN EN 13554. Die harmonisierte DIN EN 14584 legt das Prüfverfahren an metallischen Druckgeräten bei einer Druck-Abnahmeprüfung mittels planarer Ortung fest. Entsprechend der DIN EN ISO 9712 ist die Prüfung mit qualifiziertem und zertifiziertem Prüfpersonal sicherzustellen. Die verwendete Gerätetechnik muss den Anforderungen der DIN EN 13477-2 entsprechen und regelmäßig auf Basis dieser Norm überprüft werden.
SEP als wirtschaftliche Alternative
Die Schallemissionsprüfung kann also gemäß BetrSichV die Innenbesichtigung im Rahmen der inneren Prüfung eines Druckgeräts ersetzen. Darüber hinaus eignet sie sich aber auch als Überwachungstool bei einer Festigkeitsprüfung. Sind bestimmte Voraussetzungen erfüllt, ist es möglich, das Druckgerät im laufenden Betrieb ohne Prozessunterbrechung beziehungsweise auch mittels Permanent-Monitoring zu prüfen.
Gemäß der Betriebsweise, dem Ausschluss von einigen Schadensmechanismen und den Bedingungen vor Ort, kann auf das Entleeren und Säubern von Druckgeräten verzichtet werden. Das reduziert den Aufwand gegenüber der traditionellen Prüfung erheblich und spart damit Zeit sowie Kosten (siehe unten stehendes Bild 1).
So funktioniert die Schallemissionsprüfung
Um Schallemissionen aufzeichnen zu können, werden am Druckbehälter beziehungsweise an der Rohrleitung piezoelektrische Sensoren angebracht. Dies geschieht bei Komponenten aus ferromagnetischem Werkstoff mit Magnethaltern. Damit eine korrekte Ankopplung und somit die Wellenübertragung sichergestellt ist, wird Koppelpaste zwischen dem Sensor und der metallischen Oberfläche des Druckgerätes angebracht.
Voraussetzung für die Durchführung einer SEP ist die Druckaufbringung während der Messung. Deshalb wird das Druckgerät mit einem stetig steigenden Druck beaufschlagt und dabei mit den angebrachten Sensoren überwacht. Der Prüfdruck PTSEP sollte so eingestellt werden, dass er mindestens das 1,1-fache des maximal im laufenden Betrieb auftretenden Betriebsdrucks POP beträgt. Dieser Wert gilt für eine Gasdruckprüfung mittels Schallemissionsprüfung als Ersatz der Innenbesichtigung im Rahmen der inneren Prüfung.
Sind im Werkstoff aktive Fehler vorhanden, wie zum Beispiel Risse, werden diese durch die Druckerhöhung zum Wachstum angeregt. Im Gefüge entsteht dabei ein mechanischer Bewegungssprung, der seine Umgebung anstößt. Diese gibt elastisch nach und federt zurück, was eine transiente elastische Schallwelle auslöst, die sich von ihrer Quelle ausgehend ausbreitet und von den Sensoren aufgenommen wird.
In deren Piezokristallen werden die mechanischen Wellen in elektrische Signale umgewandelt, zur Auswerteeinheit und dann zum Prüfrechner (Laptop) weitergeleitet. Im Prüfprogramm werden die Signale grafisch dargestellt und können direkt bewertet werden.
Echtzeitfähiges Prüfverfahren
Da eine Schallemissionsprüfung die Defekte während des Entstehens beziehungsweise des Weiterwachsens aufzeichnet, ist das Verfahren echtzeitfähig und kann folglich auch zur Überwachung einer Gasdruckprüfung als Arbeitsschutzmaßnahme eingesetzt werden. Ein bevorstehendes Versagen des Prüfobjektes wird frühzeitig angezeigt. Damit kann ein Prüfvorgang jederzeit sicher unterbrochen oder beendet werden.
Ein weiterer Vorteil: Mit einer relativ kleinen Anzahl von Sensoren an festen Positionen kann eine Struktur zu 100 Prozent überwacht und überprüft werden. Auch Großbehälter und Anlagenkomponenten mit komplexen Geometrien und schlecht zugänglichen Bereichen sowie Einbauten sind einfach und sicher zu überwachen.
Ergebnisse auswerten und Maßnahmen ableiten
Mit einer Schallemissionsprüfung lassen sich die SE-Quellen detektieren und genau lokalisieren (siehe unten stehendes Bild 2):
Die Signale werden entsprechend ihrer örtlichen Anhäufung in Cluster eingruppiert. Der Grad der Aktivität eines Bereichs zeigt sich durch die Anzahl der detektierten Signale innerhalb eines Clusters. Für die Auswertung ist es empfehlenswert, die Anzeigen und Cluster entsprechend ihrer SE-Aktivität und -Intensität in drei Klassen einzuteilen (siehe unten stehende Tabelle 1).
Das weitere Vorgehen und zu ergreifende Maßnahmen sind so gut zu planen und umzusetzen. In jedem Fall sollten aber der Anlagenbetreiber und die beauftragte Prüforganisation die quantitativen Bewertungskriterien und die daraus abzuleitenden Maßnahmen vor der Prüfung gemeinsam festlegen und in einer schriftlichen Prüfanweisung dokumentieren.
Großbehälter bei laufender Produktion geprüft
Wie eine Schallemissionsprüfung in der Praxis durchgeführt wird, zeigt das folgende Beispiel der Vorgehensweise bei einem Großbehälter. Der TÜV Süd wurde mit der Prüfung einer C4-Trennkolonne beauftragt. Es war geplant, den Großbehälter der Kolonne, der sich auf dem Betriebsgelände einer Raffinerie befand, mit einer SEP als Ersatz für die Innenbesichtigung bei laufender Produktion zu prüfen.
Der aus Feinkornbaustahl (P355 NH) im Jahr 2006 gefertigte Großbehälter war wie folgt aufgebaut: Höhe 74,3 Meter, Durchmesser 4,44 Meter und Volumen 1.160 Kubikmeter. Die Wandstärke des Behälters variierte zwischen 22 und 26 Millimetern. Im Inneren gab es zahlreiche Einbauten und Ventilböden.
Der Betreiber ließ den Großbehälter der Kolonne einrüsten. So konnten insgesamt 88 Sensoren an der Außenwand auf Basis eines entsprechenden Lageplans über den Behälter verteilt befestigt werden. Dafür wurde zuvor an den Befestigungsstellen lokal die Isolierung der Kolonne ausgeschnitten, pro Montageort ein Bereich von 20 mal 20 Zentimetern. So konnten die Sensoren unter Verwendung von Koppelpaste mit Magnethaltern direkt auf den freiliegenden metallischen Oberflächen des Druckgerätes angebracht werden.
Die Aufbringung des für die SEP benötigten Prüfdrucks (PTSEP = 1,1 * POP) erfolgte über die Messwarte des Raffineriebetreibers. Geprüft wurde über einen Zeitraum von etwa 12 Stunden als Online-Überwachung in Echtzeit. Das Ergebnis: In manchen Bereichen konnten aktive SE-Quellen der Klasse 2 aufgezeichnet werden. Der TÜV Süd empfahl für diese Bereiche als Nachuntersuchung klassische Schweißnahtprüfungen sowie Flächenprüfungen mittels UT-Phased-Array. Beide Untersuchungsmethoden gehören – wie die SEP – zu den Verfahren der ZfP.
Hoher Reifegrad
Die SEP ist ein aussagekräftiges und verlässliches Prüf- und Überwachungstool. Aktuelle SEP-Systeme mit schnellen Prozessoren und anwenderfreundlicher Bediensoftware können bis zu einigen Hundert Ortungen pro Sekunde in Echtzeit verarbeiten und anzeigen. Zudem haben sich die Erfassungs- und Analysegeschwindigkeiten in den letzten Jahren vertausendfacht. Dank moderner Digitaltechnologie hat die Schallemissionsprüfung inzwischen einen hohen Reifegrad erreicht und kann bei der Prüfung von Druckgeräten durchaus eine kostengünstigere Alternative zur traditionellen Vorgehensweise mit Innenbesichtigung sein.
Die Autoren:
Dipl.-Ing. Klaus Michael Fischer, Innovation Manager & Technischer Leiter für Brand- und Explosionsschutz, TÜV Süd Chemie Service GmbH, Industriepark Höchst; Gebäude B598, 65926 Frankfurt am Main, E-Mail: klaus-michael.fischer@tuev-sued.de, Internet: www.tuvsud.com/chemieservice
Dipl.-Ing. Levent Sahin, Leiter Schallemissionsprüfung, TÜV Süd Industrie Service GmbH, Geschäftsfeld Anlagensicherheit, Westendstraße 199, 80686 München, E-Mail: levent.sahin@tuev-sued.de, Internet: www.tuvsud.com/de-is
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