Mobile Devices sind für Instandhalter heute ein gängiges Werkzeug - aber mit welchem Betriebssystem fahren sie am besten?

Mobile Devices sind für Instandhalter heute ein gängiges Werkzeug - aber mit welchem Betriebssystem fahren sie am besten? - (Bild: Wisag)

Welche mobilen Assistenten setzen Instandhalter ein?

Hololens
(Bild: Pixabay)

Ganz klar vorne in der Gunst der Instandhalter stehen Smartphones. Laut dem aktuellen Branchenindikator von FVI und FIR sind die Helferlein im Westentaschenformat bei 84 Prozent der Dienstleister und bei 61 Prozent der innerbetrieblichen Instandhalter im Einsatz. Tablets dagegen kommen wesentlich weniger zum Einsatz (Dienstleister: 64 Prozent, Interne: 35 Prozent). Datenbrillen sind noch eine Randerscheinung, doch zeichnet sich hier ein vermehrter Einsatz von Augmented-Reality-Devices (AR-Brillen) gegenüber Virtual-Reality-Geräten (VR-Brillen) ab.

Im Consumerbereich toben regelrechte Glaubenskriege, welches Betriebssystem leistungsfähiger und besser ist. Dabei stehen sich die Fans von Apples iOS und Googles Android teils unversöhnlich gegenüber. Die Nutzer von Windows Mobile fristen dagegen eher ein Schattendasein und gehören einer aussterbenden Rasse an.

Die Instandhalter sehen die Frage nach dem passenden Betriebssystem für ihre mobilen Lösungen wesentlich pragmatischer. „Aus unserer Erfahrung bei IT-Auswahlprojekten nach dem Aachener 3PhasenKonzept differenzieren sich erfolgreiche Maintenance Anwendungen von kleineren oder größeren Anbietern heute nicht mehr über die Art des genutzten Betriebssystems für die eingesetzten mobilen Endgeräte“, sagt Frederik Birtel, Leiter des Competence-Centers Instandhaltung des FIR an der RWTH Aachen.

Browser wichtiger als Betriebssystem

Vielmehr sei zu sehen, dass Anbieter auf browserbasierte Anwendungen setzten, die unabhängig vom jeweiligen Betriebssystem und dem eingesetzten Endgerät – seien es Desktop PCs, Notebooks, Smartphones oder Tablets – eingesetzt werden können. „Dies rückt den funktionalen und nutzerorientierten Umfang einer Maintenance Anwendung in den Vordergrund.“

Das bestätigt Stefan Borgemeister, Leiter Technik der Wisag Industrie Service Holding. Auch für ihn ist nicht entscheidend, welches Betriebssystem auf dem Device installiert ist, sondern was es kann und leistet: „Als Dienstleister müssen wir jederzeit schnell auf Anforderungen reagieren können. Somit muss das Betriebssystem möglichst flexible Einsatzmöglichkeiten für uns bieten.“

Gerade die Schnittstellen zu anderen Formaten und Anwendungen seien auf mobilen Endgeräten oft erschwert. Die Anwendung und deren Zugang sollten möglichst einfach und effizient sein, die Daten aber gleichzeitig möglichst sicher bearbeitet und gespeichert werden können.

iOS in den Staaten, Android in Europa

Auch die Hersteller und Anbieter von mobilen Softwarelösungen für die Instandhaltung schließen sich den Grabenkämpfen um die Vorlieben für einzelne Betriebssysteme nicht an, sondern entwickeln je nach Gegebenheit: „Wir bieten alles an“, sagt Michael Burkhard, Account Manager EAM bei Infor. „Wir sind zum Beispiel ein amerikanisches Unternehmen. Dort ist Android nicht die Nummer Eins, sondern iOS. Das heißt, unsere Entwicklung ist in allererster Linie für iOS. Direkt danach eben für Android.“

Einer Sache allerdings ist sich der Software-Mann sicher: Windows Mobile wird den beiden anderen System den Rang eher nicht ablaufen: „Bei Windows ist es aber wohl tatsächlich eher eine Frage der Zeit, bis es in der mobilen Industrieanwendung verschwindet. Es wird sich auf Apple und Google konzentrieren. Aber im europäischen und vor allen Dingen im deutschen Markt bekommen wir schon jetzt fast nur Android-Kunden.“

Diese Einschätzung kann Wisag-Manager Borgemeister unterschreiben: „Wir nutzen fast ausschließlich Geräte mit Android. Eventuelle Abweichungen werden allein durch die Systeme und Anwendungen unserer Kunden bestimmt.“

Frederick Birtel

"Die genaue Häufigkeitsverteilung mobiler Betriebssysteme in der industriellen Instandhaltung in Deutschland lässt sich kaum beziffern." - Frederick Birtel, FIR

Verbreitung der Betriebssysteme in der Instandhaltung

Aber wie verbreitet sind die einzelnen Systeme bei mobilen Lösungen wirklich? „Die genaue Häufigkeitsverteilung mobiler Betriebssysteme in der industriellen Instandhaltung in Deutschland lässt sich kaum beziffern“, sagt FIR-Forscher Birtel. „Eine grobe Einschätzung liefert allerding ein Blick in den App Store von SAP, dem größten Anbieter von ERP-Systemen mit dazugehörigen Service- und Instandhaltungsmodulen. Hier fanden sich 2015 rund 300 native Apps, welche die Betriebssysteme Apple iOS, Google Android, Blackberry und Microsoft Windows Phone unterstützen.“

Das Betriebssystem auf dem mobilen Endgerät ist für die Sicherheit der Daten mit entscheidend
Das Betriebssystem auf dem mobilen Endgerät ist für die Sicherheit der Daten mit entscheidend. - (Bild: Wisag)

Die meisten Apps liefen demnach auf iOS. Dann folgten Android und Windows. „Allerdings stellt auch das nur eine Momentaufnahme dar, da sich die App-Landschaft auf in diesem Bereich sehr dynamisch weiterentwickelt.“, erklärt Birtel.

Gravierende Vor- oder Nachteile will der Forscher keinem der beiden großen Anbieter attestieren: „Relevante Vor- und Nachteile aus Nutzersicht liegen meist nicht beim Betriebssystem, sondern bei den dort verfügbaren Anwendungen und den zugrundeliegenden mobilen Endgeräten. Letztlich müssen Unternehmen sicherstellen, dass die dort laufenden Anwendungen den Anforderungen der eigenen Mitarbeiter genügen“, sagt Birtel.

„Betriebssysteme spielen bei der Bereitstellung regelmäßiger Updates zur Schließung von Sicherheitslücken eine Rolle“, so der FIR-Forscher. „Im Falle von Android besteht ein Nachteil darin, dass hierfür auch die Endgeräthersteller eingebunden werden müssen. In diesem Sinne besteht ein Vorteil bei iOS darin, dass Betriebssystem und Endgeräte aus einer Hand kommen und somit Updates schneller auf den Geräten verfügbar sind. Dies hat allerdings auch seinen Preis.“

Vorteil iOS vs. Vorteil Android – Zukunft offen

Auch Infor-Manager Burkhard kann keinen klaren Sieger in Sachen mobiles Betriebssystem in der Instandhaltung erkennen: „Android hat sicherlich den Vorteil auf unterschiedlichsten Geräten zu laufen. Dies ist insbesondere dann für die Instandhaltung wichtig, wenn die Geräte bestimmte Voraussetzungen bedienen müssen wie zum Beispiel der Einsatz in ex-geschützten Räumen oder wenn physikalischen Belastungen standgehalten werden muss. Aber auch für iOS Geräte gibt es inzwischen Hüllen, die diese Anforderungen erfüllen. Ebenso ist bei Android ein Vorteil, dass Apps auch auf nicht-Tablets oder nicht-Phones laufen wie zum Beispiel Industriescanner für Hochregallager“

Beim Software-Riesen Infor zeichnet sich ein klarer künftiger Sieger der Systeme in Maintenance-Anwendungen entsprechend nicht ab: „Insbesondere IOS und Android scheinen auch für die Zukunft bestens gerüstet zu sein. Microsoft wird sich aufgrund der Windows10 Applikationen sicherlich auch gut weiterentwickeln“, sagt Burkhard.

Für den Instandhaltungs-Wissenschaftler Birtel zeichnet sich für die zukünftigen Anwendungen kein zu bevorzugendes Betriebssystem ab. In Zukunft werde laut ihm vor allem wichtig sein, dass Softwarelösungen eine barrierefreie Integration verschiedener Datenquellen ermöglichen. Hierfür stellten vor allem browserbasierte Applikationen eine gute Möglichkeit dar, deren Betrieb auf verschiedenen Endgeräten mit unterschiedlichen Betriebssystemen möglich sei. 

„Im mobilen Bereich werden sich auch künftig Android und iOS einen Zweikampf liefern, während Windows weiterhin als federführendes Betriebssystem bei Desktop-Computern und Notebooks zum Einsatz kommt“, erklärt Birtel. „Auch vor diesem Hintergrund sind browserbasierte Anwendungen flexibler als bisherige Apps.“

Noch sind allerdings die App-basierten Anwendungen weit verbreitet, auch wenn aufgrund der großen Zahl der Geräte bei einem Großanwender wie der Wisag nicht alle Zahlen absolut feststehen: „Für die Instandhaltung nutzen wir zahlreiche Tablets und Smartphones“, sagt Borgemeister. „Aufgrund des app-basierten Einsatzes und der Möglichkeit, die Apps auf unterschiedlichen Geräten zu installieren, lässt sich die genaue Zahl in der operativen Anwendung über die gesamte Wisag Industrie Service Gruppe hinweg nur schwer beziffern.“

Michael Burkhard

"Insbesondere IOS und Android scheinen auch für die Zukunft bestens gerüstet zu sein. Microsoft wird sich aufgrund der Windows10 Applikationen sicherlich auch gut weiterentwickeln." - Michael Burkhard, Infor

Betriebssystem-Alternativen zu Android und Google

Aktuell sind Apple mit iOS und Google mit Android die unangefochten größten Player auf dem Markt. „Außer einer Reihe von Linux-basierten mobilen Betriebssystemen wie Salifish OS, Firefox OS oder Tizen ist die Auswahl an alternativen Betriebssystemen derzeit eher beschränkt“, erklärt FIR-Forscher Birtel

Viele Instandhaltungsunternehmen entwickeln eigene Apps.
Viele Instandhaltungsunternehmen entwickeln eigene Apps. - (Bild: Wisag)

„Linux bietet jedoch in der Ausführung Tizen IoT ein Betriebssystem, welches speziell für IoT-Anwendungen konzipiert wurde und so auch für Instandhaltungsanwendungen eine interessante Alternative darstellt. Allerding gibt es auch hier Einschränkungen, da entsprechende IoT-Anwendungen ebenfalls Linux-basiert betrieben werden müssen und die Anzahl an Geräten, welche mit Tizen IoT verfügbar sind relativ überschaubar ist.“

Für große Konzerne wie die Wisag wäre die Entwicklung weiterer alternativer eigener mobilen Betriebssysteme möglich – angedacht ist sie jedoch nicht: „„Eine Alternative zu Android zu entwickeln, ist aus unserer Sicht nicht notwendig“, stellt Borgemeister klar. „Jedoch entwickeln wir unsere Anwendungen insbesondere für die Abwicklung und Dokumentation von Dienstleistungen in wesentlichen Teilen selbst, damit diese genau unseren Bedürfnissen und natürlich denen des Kunden entsprechen.“

Stefan Borgemeister

"Im Wesentlichen setzen wir mobile devices für die Dokumentation von Arbeiten und zur Qualitätssicherung ein." - Stefan Borgemeister, Wisag

Mobile Devices künftig immer wichtiger

Die Entwicklung hin zu mobilen Devices wird aber wohl unabhängig von der Frage ob Apfel, Roboter, Fenster oder gar Pinguin das Betriebssystem symbolisieren unaufhaltsam. Zu vielfältig sind die Aufgaben, die von den handlichen Geräten mittlerweile in der Instandhaltung erledigt werden.

Bei der Wisag zum Beispiel gehören Smartphone und Tablet mittlerweile praktisch zum Equipment wie ein Satz Schraubenschlüssel: „Im Wesentlichen setzen wir mobile devices für die Dokumentation von Arbeiten und zur Qualitätssicherung ein“, erzählt Manager Borgemeister

Video: DGUV-Prüfung per Tablet

„Über die mobilen Geräte erhalten die Mitarbeiter Arbeitsaufträge und können dann Störungen behandeln sowie Wartungsarbeiten und sonstige Dienstleistungstätigkeiten durchführen.“ So hätte das Unternehmen die Möglichkeit, aufgabenspezifische Aufträge zu erstellen und den operativen Facharbeitern die notwendigen Tätigkeiten in ihrem Auftrag zu hinterlegen. Gerade im Bereich von Wartungstätigkeiten könnten so Tätigkeitsprofile zusammengestellt werden. 

„Mit dem Tablet können wir beispielsweise sämtliche DGUV Prüfungen dokumentieren. Die Daten speichern wir dabei nicht nur lokal, sondern laden sie für den Kunden in eine Cloud. Entdecken die Prüfer Schäden, können sie diese mit dem Tablet sofort fotografieren und klassifizieren. Die Bilder werden dann mit den Prüfdokumenten abgespeichert – so hat der Kunde alle Daten gebündelt vorliegen. Aber auch zur Kommunikation und Information nutzen wir mobile Endgeräte – die Einsatzmöglichkeiten sind also vielfältig.“

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