Ernsthaftigkeit

Das aktuelle Geschehen in der Ukraine und die anhaltende Pandemie haben unseren Kolumnisten zu einem anderen Schreibgefühl bewegt. (Bild: jeremias münch/stock.adobe.com)

Zu meinem eigenen Verständnis dieser regelmäßigen Kolumne gehört es, dass ich gerne irgendwelche Banalitäten und Erlebnisse aus meinem Alltag aufgreife und durch einen mehr oder weniger gewagten Gedankengang die Brücke dann zur Instandhaltung schlage. Egal, ob es ums Rasenmähen, Fehler in der Vorlesungsplanerstellung oder ein defektes Garagentor ging, immer versuchte ich, in einen kleinen Text mit irgendwelchen schlauen Gedanken oder Erkenntnissen dazu schreiben. Hauptsache schön leicht und unterhaltsam.

Mit dem Einmarsch der russischen Truppen in der Ukraine und den daraus resultierendem Leid und Schrecken fällt mir diese Leichtigkeit allerdings weiterhin recht schwer. Zu erdrückend sind die Berichte und Bilder, die wir jeden Abend zu sehen bekommen. Und in unserem kleinen Vorort müssen wir uns auch schon konkret damit beschäftigen, wo und wie wir ukrainische Flüchtlinge unterbringen können. Unsere Welt ist mit einem Mal schon wieder aus den Fugen geraten, wo wir doch gehofft hatten, dass nach zwei Corona-Jahren endlich in unser altes Leben zurückkehren können. Aber selbst diese verfluchten Corona-Viren wollen einfach nicht verschwinden.

Sich in diesen Zeiten mit Banalitäten zu beschäftigen, erscheint mir irgendwie falsch und vielleicht auch peinlich. Daher muss ich wohl notgedrungen und mit einem gewissen Widerwillen diese schrecklichen Weltgeschehnisse doch aufgreifen.

Der Autor Prof. Dr. Lennart Brumby

Lennart Brumby

Prof. Dr. Lennart Brumby ist Studiengangsleiter für Service Engineering an der DHBW Mannheim. Der ausgewiesene Instandhaltungs-Experte ist Mitglied im DIN Normungsausschuss Instandhaltung, im EAMC European Asset Management Committee, im FVI Forum Vision Instandhaltung, in der GFIN Gesellschaft für Instandhaltung, im KVD Kundendienst-Verband Deutschland, im VDI Fachausschuss After Sales Service, im VDI Fachausschuss Instandhaltung und WVIS Wirtschaftsverband für Industrieservice. Seine Kolumne erscheint exklusiv beim Fachmagazin Instandhaltung.

Fangen wir mit den Verursachern dieses schrecklichen Krieges an: Putin und seine Schergen, die ihn umgeben. Was passiert, wenn man über Jahre alle seine Kritiker systematisch ausschaltet und sich nur noch mit seinesgleichen und Ja-Sagern umgibt, führt uns dieses System Putin vor Augen. Verfangen in kruden Geschichtsverzerrungen und menschenverachtenden Weltanschauungen hat sich Putin in ein internationales Abseits manövriert, das ihn zur wohl meist gehassten Person der Welt macht. Man kann nur jeder Führungsperson, egal ob großer Staaten- oder kleiner Bereichslenker, empfehlen, sich stets mit Kritikern seines Handels auseinanderzusetzen und sachlich vorgetragene Kritik dankbar zu schätzen.

Dann ist da noch unsere eigene verzerrte Sicht auf Putin in den letzten Jahren, die von der Aussicht auf freien Handel und gegenseitigen wirtschaftlichen Erfolg geprägt war. Die vielen negativen Zeichen, von Grosny bis zu gezielten Giftmorden, haben wir ausgeblendet, weil sie eben nicht in unser gewünschtes Bild des großen friedlichen Handelspartners passten. Auch hier müssen wir lernen, in der Bewertung unserer Partner nicht nur die angenehmen, schönen Aspekte, sondern auch die negativen Gesichtspunkte einfließen zu lassen. Und daraus dann konsequent zu entscheiden, ob eine Zusammenarbeit infrage kommt.

Und letztlich wird uns gerade schmerzlich vor Augen geführt, was passiert, wenn man wichtige Produkte hauptsächlich nur von einem Lieferanten bezieht. Auch darin können wir ein Lehrstück für ein ausgewogenes Multi-Sourcing und vielleicht auch für ein stärkeres Local-Sourcing ableiten, das die gefährliche Abhängigkeit weitestgehend vermeidet, auch wenn es mit mehr Aufwand und Mühen verbunden ist.

So sehr uns dieser schreckliche Krieg mit seinem unsäglichen Leid gerade beschäftigt, wir sollten auch aus diesen negativen Erfahrungen vernünftig die richtigen Schlüsse ableiten, die sowohl für die große Politik als auch für unseren beruflichen Alltag lehrreich sein können.

Wie gerne würde ich hier über schöne und lustige Dinge und Erlebnisse schreiben, aber das ist nun mal nicht immer möglich. Hoffentlich kann ich Sie, liebe Leserinnen und Leser, in Zukunft wieder mehr mit leichten Banalitäten in meinen kleinen Kolumnen beglücken und muss nicht diese erdrückenden Weltgeschehnisse aufgreifen. Die mit dem kommenden Frühling erforderliche Gartenarbeit würde so viele Anhaltspunkte dafür bieten.

Ihr, eine leichtere Zeit herbeisehnender

Lennart Brumby

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