Herausforderungen in der Instandhaltung

Die Instandhaltung sieht sich aktuell vielen Herausforderungen gegenüber. Wie diese einzuordnen und möglicherweise auch anzugehen sind, das haben wir den Branchenexperten Walter Foltin von MaintMaster gefragt. (Bild: industrieblick/stock.adobe.com)

Von äußeren Einflüssen wie der Corona-Pandemie über internen Wandel durch Fachkräftemangel und Digitalisierung bis hin zu technologischen Entwicklungen wie IoT oder Predictive Maintenance - gefühlt stand die Instandhaltungs-Branche noch nie so vielen und vor allem so vielfältigen Herausforderungen gegenüber. Bei so manch einem Verantwortlichen können da schon Zweifel aufkommen, ob all das zu managen ist, ob all die Entwicklungen sinnvoll sind und ob sie von allen mitgetragen und umgesetzt werden müssen.

Um hier etwas Licht in den Entscheidungsdschungel zu bringen, haben wir einen Kenner der Branche gebeten, den Pfad etwas freizulegen. Dipl.-Ing. Walter Foltin ist der Geschäftsführer bei der MaintMaster Systems GmbH in Hamburg. Seine Expertise in der Modellierung der Instandhaltungsprozesse seiner Kunden und die damit verbundenen tiefen Einblicke in Zwänge und Möglichkeiten sind der Hintergrund für die folgenden Einschätzungen der aktuellen Entwicklungen beziehungsweise Herausforderungen der Instandhaltungs-Branche.

Walter Foltin
Dipl.-Ing. Walter Foltin, Geschäftsführer der MaintMaster Systems GmbH. (Bild: MaintMaster)

Welches sind die aktuellen Herausforderungen für die Instandhaltung im Bereich Technologie?

Walter Foltin: "Leider ist immer noch zu erkennen, dass die Instandhaltung in vielen Unternehmen nach wie vor nur eine untergeordnete Rolle spielt. Das Potenzial, die Verfügbarkeit und Nachhaltigkeit der Maschinen durch gute Instandhaltungspraxis erheblich zu steigern beziehungsweise langfristig zu verbessern, wird häufig nicht so genutzt, wie es möglich wäre.

Eine große Rolle spielt hierbei der Ansatz, mit großen ERP-Systemen die Instandhaltung in Prozesszwänge zu integrieren, wo doch erwiesenermaßen durch Best-of-Breed Softwaresysteme eleganter, flexibler, günstiger und vor allem schneller Ergebnisse erzielt werden. Dies hat dann als Nebeneffekt auch eine höhere Zufriedenheit und ein höheres Engagement der Mitarbeiter zur Folge.

In diesem Zusammenhang zeigen sich leider auch im Jahr 2022 interne IT-Abteilungen häufig als das Nadelöhr, um neue Systeme zeitnah, erfolgreich und effizient einführen zu können. Cloudsysteme können hier für große Entlastung sorgen und sind mittlerweile auch weiträumig in der deutschen Industrie angekommen.

Cybercrime und seine katastrophalen Auswirkungen auf Daten und ganze Produktionsprozesse wird uns auch in Zukunft weiterhin stark beschäftigen. In Cloudsystemen der namhaften Anbieter sind potenziell bessere Schutzmechanismen installiert und werden vor allem kontinuierlich überwacht und angepasst. Besser als es jede interne IT-Abteilung Tag-ein-Tag-aus an OnPrem Lösungen leisten kann. Bereits viele Cloudanbieter erfüllen einen wichtigen Aspekt ganz nebenbei, nämlich die DSGVO-Konformität.

Der immer schnellere technologische Fortschritt bei neuen Maschinen und Anlagen stellt weitere große Herausforderungen an die Instandhaltung. Es ist immer mehr interdisziplinäres Wissen erforderlich, das von einem Instandhalter allein nicht mehr ausreichend bereitgestellt werden kann. Daher ist es umso wichtiger, die Kommunikation und Dokumentation zentral an einer Stelle zu bündeln. Nur so kann sichergestellt werden, dass Best Practice und guter Austausch von Erfahrung und Wissen auch gelebt wird.

Das Thema Industrie 4.0 und darin die Nutzung von IoT ist aus Sicht unserer Kunden sehr wichtig. Leider sehen wir hier häufig den Wunsch IoT im Unternehmen einzusetzen, es fehlen aber nicht selten handfeste Projekte oder internes Wissen, um pragmatischen Nutzen daraus umsetzen zu können. Die Instandhaltung ist hier besonders gefordert, da gerade dort vielfach hohe Erwartungen geschürt werden. Auch hier sehen wir, dass viele Engineering- und/oder IT-Abteilungen kaum nennenswerten Support leisten können, da die Arbeitslast dort sehr hoch ist. Gerade für den Klein- und Mittelstand empfiehlt es sich, einfache Plug-and-Play Lösungen für die Nutzung von IoT in der Instandhaltung parat zu haben."

Wo liegen die Herausforderungen in Sachen Wirtschaftlichkeit für die Instandhaltung?

Foltin: "Natürlich wird uns das Thema Corona weiterhin und lange beschäftigen. Hier ist es sicher sehr schwer, die Auswirkungen auf die Unternehmen vorherzusagen. Klar ist, dass es wie immer Gewinner und Verlierer der Pandemie gibt. Die Instandhaltung ist aus unserer Sicht einer der 'Gewinner' der Pandemie.

Nie wurde es deutlicher, wie wichtig eine hohe Verfügbarkeit der Maschinen und eine gute Planung in Bezug auf Ersatzteile die Wettbewerbsfähigkeit steigert oder erhält.
Besonders die Digitalisierung hat während der Pandemie endlich an Fahrt aufgenommen und wird weiterhin ein zentraler Ansatzpunkt für mehr Effizienz und Flexibilität der Instandhaltung ausmachen.

Kosten werden immer im Zentrum aller Betrachtungen stehen, daher sollte Digitalisierung einfach skalierbar sein – in beide Richtungen. Auch hier kommt dann schnell die Cloudanwendung mit SaaS Lösungen für die Instandhaltung zum Tragen. Schnell neue Mitarbeiter anschließen, aber auch in der Lage sein seine Kosten bei Bedarf zu reduzieren, das ist ein Vorteil der SaaS-Konzepte.

Aus der Sicht unserer Kunden kommen verstärkt Compliance Anforderungen auf die Instandhaltungsabteilungen zu, die nicht selten damit überfordert sind. Sei es das KPI Monitoring oder HSE (Health, Safety, Environment) Zwänge. Dies ist ein nicht zu unterschätzender Mitarbeiter- und Kostenaufwand, der durch gute Softwarewerkzeuge beherrschbarer bleibt.

Höhere Energiekosten werden uns allen und natürlich auch den Unternehmen in der kommenden Zeit leider nicht erspart bleiben. Die finanziellen Auswirkungen sind bereits jetzt äußerst schmerzhaft spürbar, bis hin zu drastischem Einbruch des Ergebnisses. Hier wird das Thema gute OEE Kontrolle und kontinuierliche Maschinenanpassung bezüglich Energiehaushalt sehr wichtig. Durch die stetig steigenden Kosten rückt die Umsetzung der ISO 50001 verstärkt in den Fokus. Die Messung der Energiespitzen und das Monitoring der Top 10 Energieverbraucher ist häufig mithilfe der Instandhaltung durchzuführen.

Alle diese Anforderungen erfordern gute Instandhaltungsmanagementsysteme, die schnell und einfach bedienbar, aber auch schnell anpassbar sein müssen. Ein starres ERP-System eignet sich dazu eher weniger. Die Mobilität der Mitarbeiter ist ebenfalls eine Herausforderung. Alle Systeme müssen heute über mobile Endgeräte bedien- und nutzbar sein. Nur so wird die Effizienz der Mitarbeiter in der Instandhaltung, aber auch die Genauigkeit der Instandhaltungskennzahlen verbessert werden können."

Und wie sieht es in Bezug auf Human-Resources-Herausforderungen in der Instandhaltung aus?

Foltin: "Eines der wichtigsten Themen in der Industrie und in der Instandhaltung ist das Thema Mitarbeiter/Human Resources. Leider haben immer weniger junge Menschen Lust und Spaß an Aufgaben, die mit Hardware und 'Schrauben' zu tun haben. Dass in der Instandhaltung gerade die Themen Management von externen Dienstleistern und viele andere spannende Themen relevant sind, wird leider nicht transferiert oder ist zu wenig beachtet. Hier müssen die Hochschulen mehr in die Pflicht genommen werden.

Die Förderung des bestehenden Mitarbeiterstamms muss demzufolge auch ganz oben auf der Prioritätenliste stehen. Das kann durch Schulungen und Weiterbildungen erfolgen, aber gerade die jungen Mitarbeiter erwarten heute auch die richtigen Werkzeuge: Software und mobile Endgeräte. Hier haben viele Unternehmen noch Nachholbedarf, denn ein Firmenhandy allein ist nicht die Lösung.

Besonders wirksam hat sich aber auch das Thema 'gute Kommunikation' bei der Entwicklung und Zufriedenheit der Mitarbeiter herausgestellt. Laut einer internen Umfrage bei unseren Kunden sagen mehr als 70 Prozent der Instandhalter, dass sie sich mehr Informationen und Austausch mit anderen Abteilungen wünschen. Das gilt auch für die Mitarbeiter in der Produktion und Ihrem Bedarf des Austausches mit der Instandhaltung. Auch hier helfen moderne Systeme, die schnell Informationen weit verbreiten und auf Abruf bereitstellen.

Die Zufriedenheit der Mitarbeiter in der Instandhaltung und der Produktion ist ganz entscheidend für die langfristige Bindung, aber auch für das Begeistern von neuen Mitarbeitern. In diesem Zusammenhang kann man das TPM-Konzeptan sich gar nicht überschätzen. Instandhaltungsmitarbeiter können sich auf wichtigere Aufgaben konzentrieren, und Mitarbeiter in der Produktion erhalten mehr Verantwortung. Dies führt grundsätzlich zu einer besseren Bindung der qualifizierten Mitarbeiter.

Die Verantwortung wird für die Mitarbeiter in der Instandhaltung wachsen müssen. Der Kostendruck erfordert mehr Dezentralisierung, schnellere Entscheidungsprozesse und vor allem auch das Gefühl wirklich etwas verändern zu können. So werden Mitarbeiter nicht nur effizienter, weil sie eine veränderte Einstellung zur Aufgabe und dem Unternehmen haben, sondern auch zufriedener. Eine Budgetverantwortung sollte tatsächlich in allen Konsequenzen gelebt werden. Vertrauen Sie Ihren Instandhaltern, sie haben es verdient."

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