Verschraubung

Wer richtig und kraftschlüssig ohne Schäden verschrauben will, muss einiges beachten. - (Bild: Hytorc)

Rechtsrum zu, linksrum auf – mehr muss man über eine Verschraubung nicht wissen. Selbst erfahrene Facharbeiter, Techniker und Konstrukteure verharren oftmals in diesem riskanten Irrglauben und kostentreibenden Unwissen. Weiterbildung tut Not. Das verlangt auch die Richtlinie VDI/VDE-MT 2637.

Wie weit verbreitet die potentiell gefährlichen Mythen der Verschraubungstechnik in der Arbeitswelt sind, veranschaulicht die komprimierte Gegenüberstellung populärer Dichtung und wissenschaftlich fundierter Wahrheit über Schraubverbindungen. Das sind die größten Irrtümer in punkto Verschraubung:

Mythos: Je größer die Schraube, desto fester und besser die Verschraubung

Wirklichkeit: Viele Standard-Verschraubungen werden teilweise mit nur 50 Prozent oder weniger ihrer Streckgrenze montiert. Montageverfahren, wie zum Beispiel das Drehmoment-Drehwinkelverfahren oder das streckgrenzgesteuerte Verfahren, ermöglichen hohe Vorspannkräfte mit sehr guter Präzision. Die Auslastung der Schraube erreicht fast optimale 100 Prozent.

Der große Vorteil: Die Verschraubung kann kleiner dimensioniert werden. Das spart Platz, Geld, Energie und schont die Umwelt, denn weniger Material bedeutet auch weniger Gewicht. Zusätzlich erhöht eine korrekt dimensionierte Schraubverbindung die Sicherheit.

Mythos: Gleiches Drehmoment garantiert gleich feste Schraubverbindungen

Wirklichkeit: Schrauben werden auf Vorspannkraft berechnet. Für die Berechnung sind beispielsweise Schraubenwerkstoff, Durchmesser, Steigung und Reibung wichtig. Das Drehmoment ist hier nur das Mittel zum Zweck. Die ausschlaggebende Bedingung ist in der Praxis die Reibung. Weicht die Reibung in der Realität z.B. durch Rost oder Schmierstoffe vom berechneten Reibungskoeffizienten ab, resultieren große Unterschiede der Vorspannkraft in der Schraube trotz gleichen Drehmoments beim Anziehen.

Korrekte Verschraubung
Eine korrekt dimensionierte und ausgeführte Verschraubung ist wichtig. Nur so hält und dichtet sie wie gewünscht. - (Bild: Hytorc)

Mythos: Schrauben und Muttern können immer mehrmals verwendet werden

Wirklichkeit: Ausgebaute Schraubverbindungen kann der Monteur nur optisch oder mechanisch (Mutter auf den Schraubenbolzen drehen) überprüfen. Ob diese bereits im überelastischen Bereich waren, lässt sich auf diese Weise nicht beurteilen. Auch Oberflächenrauigkeiten in den Gewindeflanken, feine Risse oder Materialermüdung sind mit bloßem Auge nicht erkennbar.

Vor der Überprüfung einer Schraubverbindung muss sie penibel gereinigt werden. Alle Rückstände des alten Schmierstoffes, Farbe oder Korrosion müssen professionell entfernt werden und das nicht nur beim Schraubenbolzen, sondern auch in der Mutter. Dies gelingt in der Praxis oftmals nicht, da Reinigungswerkzeuge meist nicht vorhanden sind oder nur aus einer Drahtbürste, Reinigungstüchern und Lösungsmitteln bestehen. 

Mythos: Gut geölt schraubt es sich besser als trocken

Wirklichkeit: Öl ist als Schraubenschmierstoff bei großen Schrauben oder geringer Montagedrehzahl oftmals ungeeignet. Der Grund dafür liegt in der Mechanik. Die hohen Flächenlasten beim Verschraubungsprozess verdrängen das Öl aus der Schmierstelle. Durch die fehlende Relativgeschwindigkeit können die Reibpartner nicht auf dem Ölfilm aufgleiten und die Schmierleistung ist nicht gegeben.

Eine Erhöhung der Reibung und die punktuelle Überlastung des Schraubenwerkstoffes sind die Folge von fehlerhaften Schmiersystemen. Das Versagen der Verbindung, speziell bei Edelstahl oder höher vergüteten Werkstoffen, ist oft das Endresultat. Heutzutage stehen leistungsfähige Festschmierstoffsysteme zur Verfügung, die in Form von Pasten oder Gleitlackierungen an der Schmierstelle appliziert werden. Sie gewährleisten eine zuverlässige Trennung der beiden Reibpartner in jedem Belastungsbereich von Schraubprozessen. Sie sind für den Mischreibungsbereich konzipiert und sind bis zur Fließgrenze von Stahl belastbar. 

Mythos: Das Lösen von Schraubverbindungen ist simpel – notfalls hilft mehr Drehmoment

Wirklichkeit: Das fachgerechte Lösen von Schrauben ist nicht einfach, das richtige Werkzeug muss vorhanden sein. Auch die Demontagereihenfolge ist entscheidend, gerade wenn Schrauben wiederverwendet werden sollen.

Löst der Monteur beispielsweise an einer Flanschverbindung die Schrauben im Uhrzeigersinn komplett, so bewirkt die elastische Rückstellung der beiden Flanschhälften, dass die letzten Schrauben nicht mehr gelöst werden können. Das belastet die Schraube unnötig und zerstört die Gewinde sowie die Auflageflächen. Ein Aufrauen der Gewindegänge bis hin zum Festfressen ist die Folge. Diese Beschädigungen führen dann wiederum zu fehlerhaften Ergebnissen bei der Montage.

Catrin Junkers, Geschäftsführerin der Akademie der Schraubverbindung (AdSV)

Qualifizierungsmaßnahmen gemäß der europäischen Norm DIN EN 1591-4, der Richtlinie VDI/VDE 2637-MT sowie praxisbezogene und individuelle Seminare bietet die Akademie der Schraubverbindung – eine Marke der Barbarino & Kilp GmbH. Das Zentrum für Know-how in digitaler Verschraubungstechnik ist günstig gelegen in Augsburg, mitten im geschäftigen Herzen der Maschinenbau-Metropolregion München-Augsburg-Ingolstadt. Vom Auszubildenden bis zum Meister, vom Metallbauer bis zum Einkäufer lernen die Seminarteilnehmer, was rund um das Thema der Schraubverbindung erforderlich ist.

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